Veranstaltungen
zum 80. Jahrestag
des deutschen Überfalls
auf die SU
Sandbostel
Andreas Nolte, Hannover, VVN-BdA Niedersachsen
Rede in Sandbostel am 22. Juni 2021
Gedenken – Erinnern - für Frieden und Abrüstung kämpfen!
Lieber Andreas (Ehresmann), vielen Dank für die Einladung.
Werte Anwesende,
Heute Gedenken wir der zahllosen sowjetischen Opfer des deutsche Überfalls auf die Sowjetunion vor nunmehr 80 Jahren. Dies ist einem Lebensalter gleich, was die vielen sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiterinnen nicht erreichen konnten.
Denn am 22. Juni 1941 begann eine fast vier Jahre lang andauernde dunkle Nacht für die Völker der Sowjetunion, die ihnen bei den ständig weiter gesteigerten grausamen Verbrechen der Deutschen und ihrer Verbündeten schier endlos erscheinen musste, an dessen Ende 27 Millionen verlorene Leben zu beklagen waren.
Die deutsche Wehrmacht, gegründet 1935 durch die Nazis, plante die Eroberung von Anfang systematisch unter Ausschaltung aller völkerrechtlichen Normen. Die Grausamkeit und die Niedertracht gegen Menschen sollte keine Grenzen mehr kennen. Dies hatte Hitler schon in seinem Machwerk „Mein Kampf“ in den 1920er Jahren her geleitet. Mit dem Wortkonstrukt der Vernichtung des „jüdischen Bolschewismus“ wurde die rassistische und menschenverachtende Absicht umschrieben. Die Deutsche Führung hatte am 18. Dezember 1940 unter dem Decknahmen „Fall Barbarossa“ den Überfall auf die Sowjetunion beschlossen, diesen sodann systematisch durchgeplant und in die Tat umgesetzt.
So wurde am 22.Juni 1941 durch die deutsche Wehrmacht in der Morgendämmerung am längsten Tag des Jahres auf über 3000 km Breite die „größte Kriegsmaschinerie der Menschheitsgeschichte“ (stolze Nazi-Propaganda) in Bewegung gesetzt, um nun die in der westlichen Sowjetunion lebenden Millionen von Menschen und ihre Lebensgrundlagen in einem schnellen Vernichtungskrieg bis zum Uralgebirge entweder gleich auszulöschen oder zu versklaven und das Land wirtschaftlich auszurauben, sog. „Lebensraum im Osten“ zu gewinnen und dadurch zugleich die eigenen Truppen und organisierten Totschläger der Einsatzgruppen zu versorgen. Verbunden mit dem Ziel, die wirtschaftlichen Rohstoffressourcen der Sowjetunion an sich zu reißen.
Neben dem ökonomischen das politisches Ziel: Die Vernichtung des erklärten „Todfeindes“, der Sowjetunion, also damals eben doch der gesellschaftspolitischen Alternative, und damit die Zerstörung jeder menschlichen Zivilisation in ganz Mittel- und Osteuropa bis zum Ural.
Durch diesen gewollten Vernichtungskrieg wurde also Toter Raum im Osten geschaffen!
Dies alles ist inzwischen auch von der bürgerlichen Historiographie weitgehend erforscht und hinreichend bekannt. Aber auch die nüchterne Abbildung der historischen Wahrheiten ist unter den meinungsbildenden Historikern nicht selbstverständlich.*
Immer noch oder wieder wird der Ursprung für diesen von Deutschen und Verbündeten grausam geführten Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion stetig versucht zu verwässern, um ein Erklärungsmuster von sich zwei schlagenden Diktatoren als zwei mit gleichen schlechten Absichten erscheinen zu lassen.*
Und politisch hochoffiziell kam dies erst vor Kurzem dies hier zum Ausdruck:
In einer Resolution des Europäischen Parlaments vom 19. September 2019 wird eine skandalöse Form der Geschichtsverfälschung betrieben, indem mit Verweis auf den deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag die Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg – und damit letztlich auch für den Überfall auf die Sowjetunion – den Opfern selbst zugewiesen wird. Hier haben sich die reaktionären Kräfte aller europäischen Länder durchgesetzt und auch eine bürgerliche Mehrheit hat dabei mitgemacht.
Wir weisen diese Geschichtsverfälschung ausdrücklich zurück!
Und auch deshalb ist es politisch besonders wichtig, dass Bundespräsident Steinmeier dazu ganz aktuell einen Kontrapunkt gesetzt hat, indem er sagte: „Der Deutsche Krieg gegen die Sowjetunion war eine mörderische Barbarei“. Vom ersten Tag an sei dieser Angriffskrieg getrieben gewesen von Antisemitismus und Rassenwahn. Er hat richtigerweise die alleinige Deutsche Verantwortung für diesen verbrecherischen Krieg betont.
Was er leider (noch) nicht gesagt hat: Es war auch ein von rasendem Antikommunismus getriebenes Weltbild, was diesen Vernichtungskrieg möglich gemacht hat. Und genauso war es auch der schon lange vor 1933 etablierte Deutsche Militarismus, er immer auch das menschenverachtende Expansionsstreben beinhaltete, was schon der erste Weltkrieg auch schon in der jungen Sowjetunion deutlich gezeigt hat.
Er, Steinmeier, hat in den letzten Tagen und Wochen deutliche öffentliche Zeichen gegen die Geschichtsvergessenheit hier gesetzt. So war er jüngst zu Besuch in der Gedenkstätte Lager Sandbostel, um an die ungeheuren Verbrechen der Wehrmacht hier bei uns im Lande (Niedersachsen) zu erinnern, sie deutlich zu geißeln und der gepeinigten, geschundenen, versklavten, systematisch verhungerten, ermordeten Sowjetsoldaten zu gedenken. _______________
Um einem verschweigenden und verfälschenden Geschichtsbild nach unseren Möglichkeiten etwas entgehen zu setzen, haben wir uns als Landesvereinigung schon im Frühjahr entschlossen, zu diesem 80. Jahrestag eine Kampagne unter dem Titel „Aus dem Schatten der Erinnerung. Spurensuche zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion - in Niedersachsen“ durchzuführen und vielen unser Mitglieder und Interessierten die Möglichkeit zum Mitmachen vor Ort zu geben. Dies bedeutet, die Gräber sowjetischen Kriegsgefangener und Zwangsarbeiterinnen zu finden und ihnen und damit den Opfern wieder ein würdiges Andenken zu geben oder sie auch namentlich zu kennzeichnen. Dies ist natürlich nicht mit dem heutigen Tag abgeschlossen.
Und heute werden viele unserer Kreisvereinigungen entweder eigene oder zusammen mit anderen Organisationen Gedenk- und Erinnerungsveranstaltungen und auch, wie z.B. in Braunschweig, eine politische Kundgebung auf dem zentralen Platz in der Stadt aus diesem Anlas veranstalten.
Mit dem gleichen Thema werden wir (als Landesvereinigung) eine Konferenz am 3.Juli in Hannover veranstalten. Hier werden wir mit HistorikerInnen und politischen Akteueren insbesondere die Situation der sowjetischen Kriegsgefangenen in Niedersachsen und die Lehren für die Gegenwart aus dieser grausigen Geschichte diskutieren und bewerten.
Und was können wir daraus für die Gegenwart lernen?
Für uns…
• Geht es darum, heute aktiv zu bleiben oder zu werden gegen Rechtsterroristen und Faschisten in unserem schönen Land.
• Uns öffentlich gegen die weitere Aufrüstung und Militarisierung gemeinsam zu wehren.
• Ein wichtiger Schritt zur Abrüstung wäre das sofortige einfrieren des Rüstungshaushaltes, denn die weitere Ausdehnung erhöht stetig die Kriegsgefahr.
• Stattdessen müssen vertrauensbildende Maßnehmen wieder das Gebot der Stunde werden. Zum Beispiel durch die Aussetzung und Beendigung jeglicher NATO-Manöver in der Nähe zu Russland.
Und nicht nur das!
In den letzten Tagen mussten wir erfahren, dass jüngst Panzergrenadiere einer Kampfeinheit mit Heimatstandort in Munster, also in Niedersachsen, bei einem Übungseinsatz in Litauen am 20. April diesen Jahres „Führers Geburtstag“ feierten und wohl auch den Hitlergruß gezeigt haben.
Und deshalb fordern wir weiter:
• Die sofortige Entlassung der Bundeswehr-Zeit- Soldaten, die offensichtlich wieder dem Menschheitsverbrecher Adolf Hitler und seiner Gefolgschaft huldigen. Und…
• Die sofortige Auflösung der weiterhin völlig abgeschotteten Elitebrigade Kommando Spezialkräfte aus den gleichen, bekannten, Gründen.
Deshalb sagen wir weiterhin:
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Schritte zur Abrüstung - Jetzt!
Ich möchte mit diesem Zitat anschließen, was auf der einfachen, aber eindringlichen Wahrnehmung vieler Rotarmisten auf dem Vormarsch in Deutschland 1945 beruht und das von Wassili Grossmann, sowjetischer Korrespondent im Frühjahr 1945 überliefert ist:
„Es war in Deutschland, als sich unsere Soldaten zu fragen begannen, warum die Deutschen uns überfallen haben.
- Millionen unserer Männer haben die reichen Farmen in Ostpreußen gesehen: Die fortgeschrittene Landwirtschaft, die zweistöckigen Häuser mit Strom und Gas, die gut ausgebauten Straßen.
– Und sie alle fragten sich voller Wut. Aber WARUM sind sie nur zu uns gekommen? - Was wollten sie?“
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Lüneburg
Im Lüneburger Museum folgten 40 Besucher/innen (mehr waren wegen Corona nicht zugelassen) mit Spannung den Vorträgen der örtlichen VVN-BdA-Mitglieder.
Peter Gunkel erläuterte, warum es sich um einen verbrecherischen Angriffskrieg der Deutschen handelte. Peter Raykowski und Thorben Peters informierten über die Mitschuld verschiedener Regimenter aus Lüneburg am Massenmord im Osten und anderen Orten der Welt. Hans-Jürgen Brennecke gab noch einen Einblick über das sogenannte „Russengrab“ in Reppenstedt.
Zwei Frauen kritisierten im Anschluss an die Vorträge, dass die Bezeichnung „Russengrab“ nicht nur abfällig, sondern auch falsch sei, da die angegriffene Sowjetunion nicht ausschließlich aus Russland bestand.
Die VVN-BdA Lüneburg plant, ihre Beiträge als Druckwerk zu veröffentlichen und eine Fortsetzung der Vorträge anzubieten. PG
Aurich
Sonja Ryll, zweite Vorsitzende des Bunds der Antifaschistinnen und Antifaschisten Ostfriesland, sprach bei der Kundgebung in Tannenhausen.
Sehr geehrte Anwesende, liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, liebe Freunde, heute vor 80 Jahren überfielen die faschistischen Horden des deutschen Reichs die Sowjetunion.
Wir sind hier, um der Opfer zu gedenken, um zu erinnern, um dieser Tat ihren gerechten Platz in der Geschichtsschreibung zuzuweisen.
Hannes Heer und Christian Streit schreiben in der Ankündigung ihres neuen Buches über den „Vernichtungskrieg im Osten“:
„Die deutsche Erinnerungskultur verläuft immer noch asymmetrisch: Sie konzentriert sich ganz auf den Holocaust und blendet dabei die Opfer des zweiten deutschen Völkermordes – den an den »slawischen Untermenschen«, wie Adolf Hitler sie nannte, fast vollständig aus. Diesem Genozid fielen ca. 30 Millionen Menschen in der Sowjetunion, sechs Millionen Polen, zwei Millionen Jugoslawen und 350.000 Tschechoslowaken zum Opfer. Davon waren ca. 5 Millionen Juden. Rechnet man die in allen diesen Ländern ermordeten 500.000 Sinti und Roma hinzu, kommt man auf ca. 40 Millionen schuldlos Getöteter.
Während der Großteil der Juden von einer halben Million Angehöriger von SS, Polizei und lokaler Kollaboration ermordet wurde, war für den Tod der übrigen Opfer die Wehrmacht mit ihren 19 Millionen Soldaten verantwortlich. 10 Millionen davon versahen ihren Dienst in der Sowjetunion. Die Opfer dieses Einsatzes: Mehr als 11 Millionen tote Rotarmisten, darunter 3,3 Millionen Kriegsgefangene und mindestens 17 Millionen Zivilisten. Davon wurden 2 bis 3 Millionen ermordet, weil sie Juden waren, die übrigen starben bei Vergeltungsaktionen oder im Rahmen des Partisanenkrieges, durch Zwangsarbeit in der Heimat oder in Deutschland und vor allem durch die erbarmungslose Hungerpolitik der Besatzer, wie die Beispiele Minsk, Charkow und besonders Leningrad mit mindestens einer Million Toten zeigen.“
Das sind Zahlen, bekannt und oft wiederholt. Sie gehen nicht mehr unter die Haut. Es sind nüchterne Zahlen, hinter denen Menschen stehen. 40 Mio. mal ein Mensch, ein Leben, sein Lachen, sein Glück, das, was er baute und lernte, sein Mut, schließlich seine Qual, sein Hunger, sein Tod im fremden Land. Da sind 40 Mio. mal Menschen, die ihn liebten, um ihn bangten, in seiner Todesstunde nicht bei ihm waren.
Fragen wir uns doch: Was war nötig, um diesen Wahnwitz, dieses Unternehmen „Barbarossa“ zu beginnen?
1. Es brauchte eine funktionierende und in Blitzkriegen gegen westeuropäische Staaten erprobte Kriegsmaschinerie.
2. Es brauchte Millionen Menschen, die den jüdischen Bolschewismus bekämpfen wollten, nicht zurückschreckten vor Massenmord, Erniedrigung, Raub, Plünderung, Brandschatzung. Menschen, die als Herrenmenschen den Lebensraum im Osten erobern und beherrschen wollten.
3. Es brauchte Großmächte, die einen zu diesem Schritt ermunterten und stillhielten.
4. Es brauchte die Taktik von Abkommen wie den Hitler-Stalin-Pakt, um den Feind in Sicherheit zu wiegen.
5. Es brauchte den unbedingten Willen, territorial ein Sechstel der Erde mit 120 Völkerschaften zu unterjochen, die eine Revolution gewagt und sich befreit hatten.
Der Plan scheiterte. Die Sowjetvölker ließen sich nicht unterjochen. Unter unvorstellbaren Anstrengungen und Opfern standen sie auf, wehrten sich, schlugen die faschistischen Eroberer zurück und trieben sie über die Landesgrenzen.
Kriege haben eine Eigenheit. Sie kehren immer an den Ausgangspunkt zurück.
Mit der Befreiung ihres eigenen Landes zeigten sie der Welt: Der Faschismus ist besiegbar. Das machte Mut und gab Stärke. Die Alliierten waren gezwungen, eine zweite Front zu eröffnen. Und am 8. Mai 1945 musste das Deutsche Reich, gedacht für 1000 Jahre, kapitulieren, wurde aufgeteilt und unter Besatzung gestellt.
Es war Stalin, der dagegensprach, die Deutschen in alle Welt zu verteilen, ihnen keinen eigenen Staat mehr zu überlassen.
Die Überlebenden der Konzentrationslager schworen sich: Nie wieder! Der Faschismus sollte mit seinen Wurzeln, dem Finanz- und Rüstungskapital sowie der faschistischen Ideologie ausgerottet werden, um künftige Kriege zu verhindern.
Gestattet mir ein wenig abzuschweifen in meine Biografie. Vor knapp 70 Jahren wurde ich in der DDR geboren. Sowjetische Soldaten, Offiziere, Kinder, Autos gehörten zum Straßenbild. Es waren unsere Freunde. Als ich neun war, begann ich Russisch zu lernen. Wir hatten einen regen Austausch mit der sowjetischen Mittelschule, nahmen dort am Unterricht teil, maßen uns in Wettbewerben, sportlich, künstlerisch, sprachlich. Über mich fanden meine Eltern feste Bekanntschaften, die bis in die 90er Jahre hielten. Später besuchte ich eine Spezialoberschule für Russisch, 12 Stunden in der Woche, Sprachkabinett, zwei russischsprachige Lehrerinnen aus Moskau. Jährlich gab es einen Schüleraustausch. Mein drittes Studienjahr verbrachte ich in Rostow-am-Don, einer der Städte, in der die deutschen Faschisten besonders grausam gewütet hatten. Man zeigte uns die Schächte, in denen Jugendliche qualvoll verendeten, Massengräber, Museen.
Ich verstand es, als alte Frauen, an deren Bank wir deutschen Mädchen laut lachend vorbeikamen, hasserfüllt vor uns ausspuckten. Ich schämte mich für mein Volk, empfand Schuldbewusstsein und vor allem Verantwortung, weil ich als Deutsche geboren wurde. In diesem einen Jahr habe ich für mein ganzes Leben gelernt. Wir hatten sehr viele freundschaftliche Begegnungen, waren als Botschafter für die Weltfestspiele in Berlin oft gefragt.
Es war 1972/73, ein eisiger Winter, bis -37 °. Im Internat lebten wir mit zwei kirgisischen Mädchen in einem Zimmer. Rostow ist eine Millionenstadt, trotzdem gab es in diesem Winter kaum Fleisch, fast keine Milchprodukte. Die Kirgisinnen bekamen einen halben Hammel geschickt, den wir vor dem Fenster tiefgefroren hängen hatten und so den Winter mit täglichem fetten Plow überstanden. Der Lebensstandard in der DDR war weitaus höher. Oft habe ich bei mir gedacht, dass dieses Volk noch immer zugunsten anderer verzichtet. Es war für sie in Ordnung, dass es uns an der Grenze zum Westen besser ging. Die Weitsicht in den Gedanken, der tiefe Humanismus, Verständnis, Bildungshunger, unendliche Herzlichkeit und Gastfreundschaft - das ist für mich geblieben. Über allem stand der unbedingte Wille zum Frieden.
Ziehen wir heute, nach 80 Jahren Bilanz.
Die Sowjetunion und die DDR gibt es nicht mehr. Die Chance, mit dem Warschauer Pakt auch die NATO abzuschaffen, wurde vertan. Seit dem Überfall auf Jugoslawien hat der Krieg in Europa wieder Einzug gehalten. Inzwischen sind 82,4 Mio. Menschen auf der Flucht.
Die Defender-Manöver der NATO werden provokatorisch an den Grenzen zu Russland durchgeführt. Die NATO-Staaten haben 2020 1.028 Mrd. US-Dollar für Rüstung und Militär ausgegeben, Russland 61 Mrd. US-Dollar.
Fragen wir uns wieder: Haben sie alles Nötige getan, um erneut dieses Land mit Krieg zu überziehen und zu erobern?
1. Die Kriegsmaschinerie steht und wird in Einsätzen erprobt.
2. Sind die Menschen bereit, einen Krieg zu dulden und an neuen Gräueltaten mitschuldig zu sein? – Ich sehe keinen nennenswerten Widerstand gegen die Kriegspläne. Die Welt schaut zu, wie Flüchtlinge auf dem Meer zu Tode gehetzt werden, sperrt ihre Grenzen und lässt sie elendig verrecken.
3. Die imperialistischen Großmächte sind sich einig. Nur über den Anteil der Kosten und sicher später auch über die Beute ist man sich uneins.
4. Das Treffen zwischen Putin und Biden erzeugt die Illusion, es sei ein friedliches Miteinander möglich. Alle Äußerungen in den zahlreichen Gipfeltreffen davor und die Aktivitäten sprechen eine andere Sprache.
Und die Russen? Ich denke, sie hören sehr genau zu. Sie sind äußerst wachsam. Sie haben aus der Geschichte gelernt und erkennen die Gefahr. Sie bereiten sich vor, schützen sich. Und wir können es ihnen gleichtun. Nicht die Russen wollen Krieg. Prüft es und sagt es, aber sagt es laut, damit es jeder hören kann.
Hier in Aurich-Tannenhausen sind 236 Kriegsgefangene begraben. Vor 10 Jahren wurde vom Verein der Kriegsgräberfürsorge diese Anlage geschaffen. Vielen Dank dafür. Sie ließen ihr Leben in der Fremde. Konstantin Simonow schrieb ein Gedicht, das vielen Kriegsgefangenen, Soldaten, Zwangsarbeitern in ihren schweren Stunden Hoffnung gab:
Stellvertretend für die Opfer der faschistischen Barbarei ehren wir heute, am 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion, die 236 sowjetischen Kriegsgefangenen, die hier in Aurich-Tannenhausen ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.
Möge es uns gelingen, weitere Kriege zu verhindern.
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Oerbke
Eindrucksvolles Gedenken für ermordete sowjetische Kriegsgefangene
80 Jahre nach dem Überfall auf die Sowjetunion führten Gewerkschaften, Kirchen, Friedensbewegung und VVN/BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Oerbke bei Bad Fallingbostel eine eindrucksvolle Gedenkfeier durch. In den drei Lagern des Truppenübungsplatz Bergen, in Wietzendorf, Bergen-Belsen (Hörsten) und Oerbke sind über 50.000 Rotarmisten ohne ein Dach über dem Kopf durch Hunger, Seuchen und Erschießungen ermordet worden.
Verbot politischer Meinung
Zu Beginn der Veranstaltung verlas Organisator Charly Braun behördliche Versammlungsauflagen. Ein von der Bundeswehr ausgesprochenes Verbot politischer Meinungsäußerung bis vor den Friedhofseingang war mit "militärischer Sicherheitsbereich" begründet worden. Der Gewerkschafter erklärte, dass das Militär auch hier keinen Grundgesetzartikel außer Kraft setzen könne: „Militär darf kein Staat im Staate mit eigenen Rechtsnormen sein“. Mit überwältigendem spontanen Applaus und antimilitaristischen Zwischenrufen gab es für Brauns Kommentar viel Unterstützung.
Posaunenchor und Rote Armee
Braun begrüßte über hundert Gäste mit einem Zitat des amerikanischen Philosophen Santayana: „Wer sich an die Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ Eingeleitet vom Posaunenchor Bad Fallingbostel und Friedensgebeten der katholischen und evangelischen Gemeindemitarbeiter Ulrich Fisser und Jörg Wasik, sprach Mikhail Selenkin, Attachè des russischen Konsulats, ein Grußwort. Er verdeutlichte, dass durch den deutschen Überfall auf die Sowjetunion nahezu jede Familie Tod und Barbarei zu spüren bekam. Und: "Die Sowjets haben die Hauptlast des Krieges getragen. Der Großteil der deutschen Truppen wurden durch die Rote Armee gebunden".
Fritz Patzelt von der VVN/BdA zählte denn auch noch mal auf, in welchem Umfang die Deutschen das Land zerstört haben. Selenkin ergänzte, man betrachte es in seiner Heimat mit Sorge, dass in Deutschland sich schleichend eine Behauptung verbreite, die Angreifer und Befreier mehr und mehr gleichsetze.
In seinem Grußwort beschrieb Landrat Manfred Ostermann die elenden Zustände in den Kriegsgefangenenlagern und erklärte, dass wir die Erinnerung daran wach halten müssen.
Kriegsschauplatz Europa
Der bekannte Schauspieler Rolf Becker berichtete über einen Vergleich, den der SS-Führer Himmler anstellte: Man müsse Russland wie ein Schwein abschlachten und ausbluten lassen. Beckers Vater habe bei seinem letzten Familienbesuch vor seinem Tod bei Stalingrad gesagt: "Ich hoffe, dass uns die Russen das nicht antun werden, was wir den Russen angetan haben." Der friedensbewegte Rolf Becker aus Schneverdingen warnte: "Wenn die NATO sich mit Russland anlegt, wird der Kriegsschauplatz Europa sein."
Manöver verlängert
Historikerin Vera Hilbich hat die Geschichte des Umgangs mit der Verbrechensgeschichte nach 1945 recherchiert. Sie berichtete, dass das erklärende Denkmal auf dem Kriegsgefangenenfriedhof, dass die Überlebenden errichtet hatten, später abgerissen und durch ein Denkmal des Nazi-Bildhauers Seelenmeyer ersetzt wurde. Friedhofspflege fand nur statt, wenn sich die Alliierten mal wieder beschwerten. Um am Jahrestag der Befreiung vom Faschismus Gedenkfeiern zu behindern, wurde auch schon mal ein Manöver verlängert. Die ehemalige Bergen-Belsen-Jugendarbeiterin forderte schließlich, das Gebäude der ehemaligen Entlausung der Bundeswehr zu entziehen und zu einem Gedenk- und Seminarort zu machen.
Friedenslieder
Die Veranstaltung unter dem Motto "Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg" schloss mit russischen und Friedensliedern der Gruppe Agitprop hannover und dem Ablegen von Gestecken. Die Organisierenden Uschi Bock, Klaus Meier, Stanislaw Jaworski, Rüdiger Thölke, Fritz Patzelt und Charly Braun bekamen viele Dankesworte für diese gesellschaftlich breite und eindrucksvolle Gemeinschaftsveranstaltung.
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Hannover
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Peine
Am 22. Juni 1941 fand vor 80 Jahren der Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion statt. Das nahmen die VVN-Bund der Antifaschisten und der DGB Peine zum Anlass, auf dem katholischen Friedhof, wo 34 sowjetische Zwangsarbeiter ihre letzte Ruhestätte fanden, an dieses grausame Verbrechen zu erinnern.
In seiner Begrüßung erklärte der Kreisvorsitzende Peter Baumeister der VVN-BdA vor den rund 20 Anwesenden, warum es gerade seiner Organisation ein großes Anliegen ist, diesen Tag zu würdigen. Er sagte: „Es waren die Einheiten der sowjetischen Streitkräfte, die im Verbund der Anti-Hitler-Koalition die Hauptlast der militärischen Befreiung Europas und auch unseres Landes getragen haben.“ Baumeister wies auf die klaren Worte von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hin, der bei einer Ausstellungseröffnung in Berlin erklärte: „Der deutsche Krieg gegen die Sowjetunion war eine mörderische Barbarei.“
In seinem kenntnisreichen Vortrag machte Andreas Warmbold vom Arbeitskreis Stadtgeschichte deutlich „dass es sich von Anfang an um einen imperialistischen Eroberungskrieg gehandelt hat, an dem auch die Wehrmacht ihren Anteil an Verantwortung trug.“ Warmbold führte weiter aus: „So sah die Realität in der Sowjetunion aus: Großangelegte Vertreibungen, Einsatzgruppen zur Massenvernichtung von Juden, der Kommissarbefehl, die systematische Ausrottung aller kommunistischen Parteifunktionäre und der kalkulierte Hungertod unzähliger Menschen. Denn es galt, dass die Versorgung der Wehrmachtssoldaten aus dem Lande selbst heraus erfolgen sollte. In diesem Zusammenhang wurde bei einer Besprechung von Staatssekretären am 2. Mai 1941 schon lapidar festgestellt, `dass Millionen Menschen verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Land herausgeholt wird`.“
Insgesamt liegen auf dem katholischen Friedhof 34 und auf dem evangelischen 14 Kriegsgefangene begraben. Sie sollen uns immer eine Erinnerung und Mahnung sein, wohin Rassismus und menschenverachtender Imperialismus führen.
Im Anschluss an das Gedenken wurden auf beiden Friedhöfen Gestecke der VVN-BdA und der Partei „Die Linke“ niedergelegt. Baumeister wies noch auf die Veranstaltung der VVN-BdA mit namhaften Referenten am 3. Juli in Hannover mit dem Titel „Aus dem Schatten der Erinnerung – Spurensuche zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion“ hin. Anmeldungen sind über ihn möglich.