60 Jahre VVN Niedersachsen

Die VVN in der Friedensbewegung

Die VVN war von Anfang an mitten in der Bewegung gegen die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik. Teil dieser Bewegung war die Organisierung einer Volksbefragung gegen die Remilitarisierung. Dagegen ging die Bundesregierung mit großer Härte vor. Strafbestimmungen über Hochverrat und Staatsgefährdung wurden 1951 wieder in das Strafgesetzbuch aufgenommen und als Waffe gegen die Friedensbewegung eingesetzt. Bereits 1951 wurde die Freie Deutsche Jugend (FDJ) verboten. Am 11. Mai 1952 wurde der junge Kommunist Philipp MÜLLER auf einer Friedensdemonstration erschossen. Es folgten die bereits umrissenen Repressionen und Verbotsverfahren.

1957 erhielt die Friedensbewegung durch den Göttinger Appell der achtzehn Atomwissenschaftler neuen Auftrieb. Dadurch entwickelte sich eine breite Massenbewegung gegen die atomare Bewaffnung. Seit 1960 fanden nach dem Beispiel der Ostermärsche in England unter Beteiligung der Antifaschisten solche Märsche auch in Deutschland statt. An den ersten Märschen in Norddeutschland nahmen etwa 1000 Menschen teil. Sie nahm aber bald Massencharakter an. Ostern 1968 waren 300.000 Menschen auf der Straße. Aus der Kampagne für Abrüstung war die Kampagne für Demokratie und Abrüstung geworden. Die Bewegung konnte zwar den Beschluss der Bundesregierung zur Ausrüstung der Bundeswehr mit sog. taktischen Atomwaffen und die Beschaffung der entsprechenden Trägersysteme nicht verhindern. Die Sprengköpfe selbst gelangten aber dank der Bewegung und ihrer breiten internationalen Unterstützung nie in bundesdeutsche Verfügungsgewalt.

Im Zuge der Politik der “Ost-West-Entspannung” und der Regelung des Verhältnisses der Bundesrepublik zur UdSSR und den anderen Mitgliedern des Warschauer Vertrags durch Verträge im Jahr 1970 ergriff die VVN/BdA die Initiative zu einer Kampagne für ein Gesetz zur Sicherung des Friedens. In seiner Rede vom 12.8.1970 stellte der damalige Landesvorsitzende Ludwig Landwehr die Grundgedanken dieser Kampagne dar:

"Der Wert solcher Verträge wird bestimmt von der inneren Entwicklung der Bundesrepublik selbst. Verträge sind eine Sache, eine andere ist ihre Realisierung, die davon abhängt, welche Kräfte die Politik der Bundesrepublik bestimmen.

Eine wirkliche Entwicklung zur Politik der Entspannung, Verständigung, Abrüstung und Frieden wird sich nur dann vollziehen, wenn die demokratischen Kräfte in der Bundesrepublik sich frei und ungehindert entfalten können und so stark werden, daß sie die Kiesinger, Strauß ... und die Revanchisten und Neonazisten ... mit ihrem Einfluß zurückdrängen können.

... Die Regierung der Bundesrepublik hat dazu einen Verfassungsauftrag aus dem Grundgesetz, der seit über 20 Jahren auf Erfüllung wartet: Die Schaffung eines Gesetzes zum Schutze des Friedens. In diesem Gesetz muß unter Strafe gestellt werden, wer zum Kriege hetzt und wer territoriale Ansprüche gegen andere Staaten erhebt. Die amtlichen Zuschüsse für revanchistische Organisationen sind zu streichen und Ostbüros, die die Einverleibung der DDR zum Ziele haben, sind aufzulösen." (MTB Nr. 12, Okt. 1974)

Die Kampagne kam zunächst nur langsam in Schwung. Zum Antikriegstag 1974 konnten dem 7. Deutschen Bundestag jedoch immerhin 20.000 Unterschriften vorgelegt werden, die jedoch dort keine Beachtung fanden.

Mit dem Nato-Doppelbeschluss von 1979 zur sog. Nachrüstung mit neuen Mittelstreckenraketen und dem dadurch ausgelösten erneuten Rüstungswettlauf erlebte die Friedensbewegung einen großen Aufschwung. 1983 nahmen etwa 700.000 Menschen an verschiedenen Aktionen zum Frieden teil.

Mit der sog. Wende in der UdSSR und dem Zerfall des sozialistischen Lagers hofften viele Menschen auf allgemeine Abrüstung und eine “Friedensdividende”.

Während des 1. Golfkrieges und im Zuge der wachsenden Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen außerhalb Deutschlands nahm die Friedensbewegung einen neuen Aufschwung und die Zahl der Ostermarschierer stieg wieder an.

Einen Höhepunkt erreichte die Friedensbewegung angesichts der Vorbereitungen der USA zum 2. Golfkrieg. Sie agierte in vorher nicht da gewesenem Ausmaß global. Auf der ganzen Welt fanden Demonstrationen statt. Am 15. Februar 2003 waren über 10 Millionen Menschen in Bewegung, die meisten davon in Europa. In Berlin gingen etwa 500.000 Menschen auf die Straße. Am "Tag X" des Beginns der Bombardierung demonstrierten erneut weltweit Millionen Menschen. In vielen deutschen Städten nahmen Schüler während der Schulzeit daran teil.

Inzwischen ist die Beteiligung der Bundeswehr an weltweiten Kriegseinsätzen zur traurigen Regel geworden. Den Widerstand dagegen zu verbreitern und zu vertiefen ist eine beständige Aufgabe, zu der die VVN/BdA ihren Beitrag leistet.

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