Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen
Gedenkveranstaltung anlässlich der Rieseberg-Morde am 4. Juli 2010 in Braunschweig
Vor 77 Jahren wurden am 4. Juli 1933 in Rieseberg zehn kommunistische Gewerkschafter und ein Student von den Nazis ermordet. Aus diesem Anlass laden der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaften in der Region Südostniedersachsen jedes Jahr zu Gedenkveranstaltungen ein.
Vor den Gräbern der Riesebergopfer auf dem Hauptfriedhof in Braunschweig wurde der ermordeten Gewerkschaftskollegen gedacht.
Dort sprach in diesem Jahr Mechthild Hartung, Sprecherin der VVN/BdA Niedersachsen. Sie hob hervor: "Diese zehn Menschen, derer wir heute gedenken, handelten entsprechend ihrer Erkenntnis und wichen nicht zurück vor der Gefahr, in die sie sich begaben. Genau deswegen waren sie als Gewerkschafter und Kommunisten die Feinde der Nazis, sie waren ihnen gefährlich, sie waren ihnen so gefährlich, dass die physische Vernichtung, ihre Ermordung notwendig schien, um sie zum Schweigen zu bringen." Und weiter: "...überall im damaligen Gebiet Deutschlands und später in den besetzten Gebieten entwickelte sich der erste Widerstand in den Reihen der Arbeiterklasse. GewerkschafterInnen, unter ihnen SozialistInnen und KommunistInnen, riskierten überall durch ihr unerschrockenes Aufklären Freiheit, körperliche Gesundheit und sogar ihr Leben. Unsere Hochachtung gilt ihnen - unsere Abscheu trifft die Menschenverachter, die Nazis. Es ist dieser Teil der Geschichte, der frühe, mutige, für GewerkschafterInnen und KommunistInnen selbstverständliche Widerstand, der unsere GenossInnen in den Untergrund, in Gefängnisse, Zuchthäuser, KZs, in die Emigration und in den Tod trieb. Dieser Widerstand ist für uns Vorbild, für die Reaktion bedeutet er auch heute Gefahr. Deshalb sollen wir eingeschüchtert werden, deshalb werden wir als gewalttätig diffamiert (...). Aber der frühe weitsichtige Widerstand, der, wäre er breit gewesen, genau dieses faschistische Regime hätte verhindern können, dieser Widerstand wird systematisch verschwiegen! (...) Durch Gedenkveranstaltungen wie diese wirken wir dem Vergessen entgegen und betonen die Notwendigkeit von Widerstand ...." Die ganze Rede ist nachzulesen unter www.niedersachsen.vvn-bda.de - Archiv.
Der Abschluss findet immer am Ort der Ermordung in Rieseberg an dem Denkmal für die Riesebergopfer auf dem Gelände der ehemaligen DGB-Jugendbildungsstätte statt. Dort hob der Historiker Dr. Gerhard Wysocki die Bedeutung des Widerstands aus der Arbeiterklasse hervor und der DGB-Regionsvorsitzende Michael Kleber betonte die Notwendigkeit des NPD-Verbots.
M.H.
Besonderes Mahnmal in Wolfsburg eingeweiht
65 Jahre hat es - nach viel Druck von unten - gedauert, bis am 18. Juni 2010 in Wolfsburg ein Mahnmal für die mehr als 20.000 ZwangsarbeiterInnen und KZ-Häftlinge feierlich im Beisein von neun Überlebenden im Alter von 81 bis 89 Jahren enthüllt wurde. Wehrwirtschaftsführer Porsche hatte als Werksleiter die ZwangsarbeiterInnen und KZ-Häftlinge für die Rüstungsproduktion angefordert.
Das Mahnmal zeigt einen in Bronze gegossenen Baumstumpf, in den ein junger russischer Zwangsarbeiter 1944 in kyrillischer Schrift mühsam eingeritzt hatte: "Eduard, 18 Jahre, 29.5.1944. Zur Erinnerung an die russische Jugend." Hinzu gefügt hatte er liebevoll und detailliert einen Rosenzweig mit Blättern und Knospe. Die Einritzungen waren mit dem Baum gewachsen und im Wolfsburger Stadtwald glücklicherweise von dem Fotografen Gottschick entdeckt worden.
Der mit den wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen abgestimmte Text der Mahnung liegt als Bronzeplatte in Form des Baumstumpf-Schattens auf einem leicht erhobenen Hügel. Diese besondere Idee der Gestaltung hatte die Bildhauerin Sabrina von Weizsäcker entwickelt, Witwe des Künstlers Andreas von Weizsäcker, der die Nachbildung des Baumstumpfs gefertigt hatte.
Das Mahnmal steht in der Innenstadt an der Stelle, an der zur Zeit des Faschismus Ostlager und Gemeinschaftslager durch die damalige Lagerstraße, heute Porschestraße (!), getrennt waren. Der Kampf um die Umbenennung der Porschestraße dauert an. Wenigstens der Platz des Mahnmals wurde im Beisein der ehemaligen Zwangsarbeiterin Sarah Frenkel nach ihr benannt.
M. Hartung
Menschenrecht für alle!
Juli 2010: Flüchtlinge aus dem Landkreis Gifhorn wehren sich öffentlich gegen ihre menschenunwürdige Unterbringung im Gewerbegebiet des abgelegenen Dorfes Meinersen. Angesichts ihrer verzweifelten Lage scheuen sie nicht mehr mögliche Nachteile für ihr Asylverfahren. Familien von der Großmutter bis zu EnkelInnen wohnen dicht gedrängt in einem Zimmer; von den ohnhin nicht ausreichenden sanitären Anlagen ist die Hälfte kaputt. Die gefährlichen Wege der Kleinkinder in die Grundschule über eine befahrene Hauptstraße ohne Ampel, die teuren Wege zu Ämtern, Ärzten, Geschäften und den fremdenfeindlichen Umgang mit ihnen wollen die Asylsuchenden nicht mehr hinnehmen. Niedersächsischer Flüchtlingsrat, VVN/BdA, SJD Falken und Flüchtlinge jeden Alters waren eine fröhliche und kämpferische Gemeinschaft.
M. Hartung
Antifaschistisches Engagement verhindert Nazi-Veranstaltung im voraus
Die NPD hatte ihre Mitglieder und Freunde zum Skat- und Knobelturnier zu Freitagabend 16.7.10 in den "Stichter Krug" nach Neuenkirchen (zwischen Soltau - Visselhövede - Schneverdingen) eingeladen.
Als das eine Woche davor AntifaschistInnen und GewerkschafterInnen bekannt wurde, wurde der Wirt mehrfach aufgefordert, den Nazi-Skat abzusagen. Ein Bündnis aus Initiativen, Parteien und Gewerkschaften rief kurzfristig zur Protestaktion auf. Dies Aktion war nicht mehr notwenig, denn der Wirt folgte der Aufforderung und sagte den Nazis ab - wenn auch nur widerwillig. Widerwillig auch deshalb, weil die Nazis seit 2009 bereits etliche Veranstaltungen bei ihm durchgeführt haben.
Bündnissprecher Charly Braun vom DGB bedankt sich in diesem Zusammenhang für den speziellen Einsatz der örtlichen Sozialdemokratie.