Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

Mahnmal für Todesmarschopfer eingeweiht

Erinnerung in Hustedt

Seit 1949 ist die ehemalige »Jägerei« nahe Celle eine Heimvolkshochschule (HVHS). Dort nehmen übers Jahr auch Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen und Menschen, die sich gegen rechts engagieren, an Seminaren teil und können sich vernetzen.

Mecki Hartung übergibt das Mahnmal der Öffentlichkeit
Foto: B. Allmendinger

Die örtliche Nähe zum ehemaligen KZ Bergen-Belsen, die Lage etwas außerhalb der Ortschaft und auf der Luftlinie zwischen Salzgitter und Bergen-Belsen legten die Vermutung nahe, dass auch hier ein Todesmarsch vorbeigeführt haben könnte.

Ein Antrag der LDK 2013 setzte den Prozess der Forschung in Gang und ergab letztlich schreckliche Gewissheit: Tatsächlich waren im April 1945 Häftlinge aus Kleinbodungen im Harz bis nach Hustedt und weiter bis ins KZ Bergen-Belsen getrieben worden.

Am 5. April 1945 waren 613 Häftlinge unter Bewachung von 45 Wachmännern der SS-Lagerleitung Kleinbodungen mit Hunden zu Fuß auf den Todesmarsch in Richtung des KZ Bergen-Belsen getrieben worden. Der Häftlingszug quälte sich erschöpft und ausgelaugt in mehreren Tagesetappen weiter über Salzgitter und kam am 10. April gegen Abend in Groß Hehlen bei Celle an. Die Häftlinge wurden zu einer Scheune geführt, in der sie die Nacht verbringen sollten.

Der unmittelbar gegenüber der Scheune untergebrachte Militärbefehlshaber fühlte sich allerdings durch die Anwesenheit und die Unruhe, die von dem Häftlingszug ausging, gestört. Er befahl, dass der gesamte KZ-Transport unverzüglich den Bauernhof zu räumen habe. Die SS schoss in die Luft und löste damit eine regelrechte Panik aus. Innerhalb weniger Minuten standen die nach den Strapazen der vergangenen Tage völlig erschöpften Häftlinge zum Abmarsch bereit und wurden von einer neuen Bewachung in aller Eile aus dem Ort getrieben.

Wer das Tempo nicht mithalten konnte oder wer zu fliehen versuchte, wurde unterwegs erschossen.

Im Dorf Wittbeck gab es keine Möglichkeit der Unterkunft – aber den vom Gewaltmarsch ausgemergelten Häftlingen wurde erlaubt, sich für eine Verschnaufpause in der Hocke auf die Straße zu kauern. Erst in Hustedt erreichte der Häftlingszug endlich einen bereits geräumten ehemaligen Feldflugplatz, in unmittelbarer Nachbarschaft der heutigen HVHS Hustedt. Hier standen mehrere Baracken, die zur Übernachtung geeignet waren.

Unser Vorschlag, auf dem Gelände der HVHS ein sichtbares Zeichen als Erinnerung an den Todesmarsch zu setzen, stieß dort sofort auf offene Ohren und führte zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit. So ließ sich letztlich am 27. Juni 2015 die Übergabe des Mahnmals an die Öffentlichkeit – mit Unterstützung der IG Metall und der Heinrich-Böll-Stiftung – realisieren.

Das Mahnmal zeigt acht Stelen. Sie erinnern an jene acht Menschen, die auf diesem Todesmarsch zwischen zwei Dörfern erschossen wurden.

Die Stelen erinnern stellvertretend auch an alle anderen Häftlinge, die sich zu Fuß über 130 km unter unvorstellbaren Qualen von Kleinbodungen im Harz über Seesen, Salzgitter bis Hustedt und dann weiter bis in das von Leichenbergen und Sterbenden gezeichnete, völlig überfüllte KZ Bergen-Belsen schleppen mussten.

Mechthild Hartung


Zwangsarbeit in Hannover –

Neues Mahnmal eingeweiht

Während des Zweiten Weltkriegs waren etwa 2.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter auf dem Gelände der Günther Wagner Verpackungswerke in der Hansastraße in einem Industriebezirk Hannovers eingesetzt. Sie wurden aus ganz Europa, die meisten aus Polen und Russland, hierher verschleppt.

Foto: rwk

Die Arbeiterinnen und Arbeiter befanden sich dort in einem »Arbeitserziehungslager«, eine Verlegung in ein KZ war jederzeit möglich. Unter menschenunwürdigen Bedingungen wurden sie ausgebeutet und kamen zum Teil zu Tode. In sogenannten »Ausländer-Wöchnerinnenheimen« wurden die Neugeborenen der Zwangsarbeiterinnen verwahrt. Viele der Kinder starben an Mangelernährung und ungenügender medizinischer Versorgung.

Auf Initiative des Vereins »Gegen das Vergessen ./. NS-Zwangsarbeit« und der Firma Silgan White Cap Deutschland GmbH wurde nun ein Mahnmal auf dem Firmengelände errichtet. In den monumentalen Doppelstelen sind Tafeln befestigt, die das Leben der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in der Zeit von 1939 bis 1945 auf dem Werksgelände dokumentieren. Mit der Ausführung wurden Auszubildende des Werkes betraut. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass die Firma Silgan White Cap nicht die Rechtsnachfolgerin der Günther Wagner Verpackungswerke ist!

Am 25. September wurde das Mahnmal im Beisein von Oberbürgermeister Stefan Schostock und Bezirksbürgermeisterin Edeltraut Geschke durch Dr. Horst Meyer vom Verein »Gegen das Vergessen « und Joachim Hundt von der Firma Silgan White Cap eingeweiht (siehe Foto).

rwk


Peine: Stolpersteinlegung

Schon zum fünften Mal werden in Peine Stolpersteine verlegt. Am Donnerstag, den 19. November, kommt der Künstler Gunter Demnig in die Fuhsestadt und wird sechs dieser Gedenksteine ins Pflaster einlassen. Diesmal werden eher politisch Verfolgte geehrt, während mit den bisherigen 49 Steinen überwiegend jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger gedacht wurde. Organisiert wird die Verlegung vom Peiner Kreisheimatbund, der VVNBund der Antifaschistinnen und Antifaschisten und dem Deutschen Gewerkschaftsbund.

Beginn ist um 13.30 Uhr in der Schlossstraße 8. Gegen 14.15 Uhr werden in der Stederdorfer Straße 30 u. a. der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Peine, Ewald Werthmann, und der Historiker und stellvertr. Vorsitzende des Kreisheimatbundes Dr. Jens Binner sprechen. Weitere Informationen bei Peter Baumeister.

Peter Baumeister


Info-Fahrt 2015 der Kreisvereinigung Celle

Von der NS-Zwangsarbeit in Unterlüß

Wie jedes Jahr plante unsere Kreisvereinigung Celle eine sommerliche Info-Fahrt. Am 23. August 2015 wollten wir uns daher einen Eindruck verschaffen, wie es Menschen in Unterlüß ergangen war, die bei Rheinmetall-Borsig Zwangsarbeit leisten mussten und wie nach 1945 mit diesem Kapitel der Vergangenheit umgegangen wurde (Stichwort: Kindergräber).

Unter sachkundiger Führung eines seit Jahrzehnten zu diesem Thema arbeitenden Unterlüßer Bürgers besuchten wir zuerst den Gemeindefriedhof. Sofort auffällig war, dass die Gräber »Deutscher Helden« sehr gut und blumig gepflegt wirkten, wogegen die Gräber der Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter kaum zu erkennen waren. Steine waren entfernt worden und Namen, bis auf den auf einem Einzelgrab, nicht vorhanden. Die mindestens 57 Kinder der Zwangsarbeiterinnen, die als Folge der »besonderen Pflege« in einem Säuglingsheim starben, sind nur als Russen- oder Polenkinder bezeichnet. Vom Verhungern oder dem Tod im zarten Alter von wenigen Tagen oder Wochen ahnt der Besucher nichts. Vermutlich ist die Zahl der toten Frauen und Kinder noch um einiges höher, denn das Säuglingsheim wurde Anfang 1945 von einer Bombe zerstört. Dazu gibt es keine Unterlagen mehr. Insgesamt wurden in Unterlüß 4.015 ausländische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen registriert.

Für die große Mehrheit der Fremd- oder auch Zwangsarbeiter erwies sich die Beschäftigung in der Landwirtschaft wegen der besseren Verpflegung als das bessere Los. Auch in kleinen Betrieben, so belegen Schilderungen ehemaliger Zwangsarbeiter, war die Situation durchaus menschenwürdig. Ganz anders verhielt es sich oft in den großen Industriebetrieben, wo strikt auf die Umsetzung der Ernährungsvorschriften geachtet wurde. Die in der Rüstung tätigen Frauen und Männer lebten abgeschottet in größeren Lagern. Ihr gesamter Alltag unterlag einer scharfen Reglementierung. Der Kontakt zur deutschen Zivilbevölkerung beschränkte sich fast ausschließlich auf Begegnungen am Arbeitsplatz. In Unterlüß unterhielt die Gestapo zudem seit Ende 1941 ein »Arbeitserziehungslager«, in dem Zwangsarbeiter, die sich geringer Vergehen schuldig gemacht hatten, bis zu sechs Wochen inhaftiert wurden: Schwerste Arbeit, Misshandlungen, primitive Unterkünfte und schlechte Ernährung führten zu zahlreichen Sterbefällen.

In der Gemeinde Unterlüß befand sich auch ein KZ-Außenlager, das den Namen Tannenberg trug. Es war das dritte Außenlager des Konzentrationslagers Bergen-Belsen und Ende August 1944 eingerichtet worden, nachdem ein Transport von 400 bis 800 jüdischen Frauen aus Auschwitz in Unterlüß eingetroffen war. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um Polinnen, aber auch Frauen ungarischer, jugoslawischer, tschechischer und rumänischer Staatsangehörigkeit befanden sich unter ihnen. Im Oktober/November 1944 erhöhte sich die Zahl der Häftlinge auf 900. Die Frauen wurden im Straßenbau eingesetzt, entfernten Schutt oder verlegten Schienen. Auch das Fällen von Bäumen gehörte zu ihren Aufgaben. Teilweise mussten die Frauen in der Munitionsfabrik Rheinmetall- Borsig AG Arbeit verrichten. Hierbei atmeten sie aufgrund fehlender Schutzmaßnahmen giftige Chemikalien ein. Viele Zwangsarbeiterinnen vergifteten sich und erlitten durch Verätzungen schwere Schäden.

Weil zu einem düsteren Kapitel einer Fahrt immer auch ein positiver Aspekt gehört, fuhren wir anschließend ins Tiefental bei Hermannsburg, um nach einem Heidepicknick noch die Heideblüte durch einen Spaziergang genießen zu können.

Klaus Meyer


Kreisvereinigung Hannover

Kaffeetrinken mit Ruth Gröne

Seit dem 15. Juni letzten Jahres ist Ruth Gröne Ehrenmitglied unserer Landesvereinigung, aber ein Kontakt zu einem größeren Kreis von Aktiven in Hannover kam bisher nie zustande. Entschlossen, wie es stets ihre Art ist, lud sie also zu einer nachmittäglichen Kaffeerunde in das Café Jerusalem im »Haus der Hoffnung«.

Dieser Ort steht in enger Beziehung zu Ruths Aktivitäten, handelt es sich doch um das »Mädchenhaus« der ehemaligen Israelitischen Gartenbauschule in Hannover-Ahlem. Heute wird dieses Haus von der Organisation für christliche Drogenarbeit »Neues Land« bewirtschaftet. Die Treffen des Arbeitskreises »Bürger gestalten ein Mahnmal«, dem auch unsere Kreisvereinigung eng verbunden ist, finden regelmäßig dort statt.

Ruth Gröne im Kreis ihrer Gäste
Fotos: rwk

Am 30. August, einem der letzten heißen Sommertage, fanden sich dann zehn Gäste ein und verbrachten mit Ruth Gröne einen angeregten Nachmittag mit heißen und kühlen Erfrischungen und einer opulenten Torte, die sie selbst gebacken hatte.

Mit Bedauern stellte Ruth Gröne fest, dass sie nicht im Besitz einer VVN-Anstecknadel sei. Glücklicherweise konnte dem Mangel unmittelbar abgeholfen werden.

rwk