Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

Gedenktafel am Kalandhaus

Lüneburgs Baudenkmal fungierte 1944 als "Lager Kaland"

Der Lüneburger Landeszeitung vom 7. Juni berichtete, dass nach zehnmonatiger Bauzeit die Sanierung der Fassade des Kalandhauses abgeschlossen sei und das "Baudenkmal" nun "in neuem Glanz" erstrahlt. Mit Blattgold überzogene Holzfiguren, eine Wetterfahne und mit Silberlack verzierte Beschläge finden in der Berichterstattung über Sanierung des Hauses Erwähnung.

Doch das Kalandhaus ist nicht nur ein mittelalterliches Baudenkmal in der Innenstadt, sondern hat auch eine ganz andere Geschichte. Von August bis November 1944 wurde im Kalandhaus ein Außenkommando des Konzentrationslagers Neuengamme untergebracht. Bis zu 150 KZ-Häftlinge litten und arbeiteten in Lüneburg. Zusammen mit sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern aus Osteuropa mussten sie Luftschutzeinrichtungen, wie Deckungsgräben, errichten. Bis zum 10. März 1933 unterhielt die Sozialistische Arbeiterjugend Deutschlands (SAJ) in drei Räumen im Obergeschoss ihren Treffpunkt. Danach übernahm die Hitler-Jugend die Räumlichkeiten. Mit dem Verbot der SPD am 22. Juni 1933 und aller ihrer Nebenorganisationen war somit auch die SAJ verboten.

Das "Lager Kaland" widerlegt die Behauptungen, mit denen sich viele Deutsche aus der Verantwortung stahlen, dass man von den Verbrechen der Nazis, von den Konzentrationslagern, nichts gewusst hätte. Das Kalandhaus liegt in der direkten Innenstadt, im Schatten der St. Johannis Kirche. Tagtäglich gingen dort hunderte Menschen vorbei.

Dass dort ein Außenlager des KZ Neuengamme untergebracht war, ist heute zumeist unbekannt. Nichts erinnert an die Menschen, die dort litten und ihrer Freiheit beraubt waren. Eine bemerkenswerte Ausnahme stellt die Dokumentation "Lager Kaland" von Dr. Werner Preuß dar, die die Geschichtswerkstatt Lüneburg e.V. im Januar 2008 neu aufgelegt hat.

Die VVN-BdA Lüneburg nahm den Artikel in der Landeszeitung zum Anlass, um sich an den Oberbürgermeister und die Fraktionen im Lüneburger Stadtrat zu wenden und anzuregen, dass an der Fassade des Kalandhauses eine Gedenktafel angebracht wird, die auch die grausame Geschichte des Hauses darstellt und an die Opfer erinnert. Zusätzlich wurde vorgeschlagen, im Kalandhaus eine Gedenkstätte einzurichten, in der u.a. die Dokumentation von Dr. Werner Preuß als Dauerausstellung gezeigt werden könnte.

Der Lüneburger Oberbürgermeister teilte der Kreisvereinigung mit, dass in der nächsten Zeit eine entsprechende Gedenktafel angebracht wird. Einen genauen Termin nannte er allerdings nicht. Erfreulich ist aus Sicht der VVN/BdA, dass nun endlich an das Lager Kaland erinnert wird.


Franzosen gedachten Gewerkschaftern

Delegation aus Dieppe auf Gegenbesuch in Niedersachsen

Während ihres erneuten Besuches in Niedersachsen hat eine Delegation aus Dieppe, gemeinsam mit ihren Freunden von der VVN-BdA, der elf am 4. Juli 1933 in Rieseberg ermordeten Gewerkschafter gedacht.

Wie immer hatten wir ein abwechslungsreiches Programm erarbeitet, das diesmal auch die Teilnahme an der Protestdemo am 5. Juli gegen die Einlagerung von Atommüll in das Salzbergwerk in der Asse (bei Wolfenbüttel) vorsah. Bereits am Donnerstag, den 3. Juli kamen Daniel und Pierette Evrard und Jacques Halingre, die Organisationen FNDRIP und ANACR vertretend, abends am Bahnhof an. Am Freitag stand nach einem kleinen Empfang durch den DGB Braunschweig gleich die Rieseberg-Gedenkfeier im Mittelpunkt. Begrüßenswert ist dabei die Neuerung, dass zusätzlich zur gewohnten Rede in Rieseberg selbst diesmal auch an den jeweiligen Gedenkorten in Braunschweig (Heinrich Jasper-Ehrenmal am Ruhfäutchenplatz und Rieseberg-Gedenksteine auf dem Hauptfriedhof Helmstedter Str.) thematisch bezogene Reden gehalten wurden anstatt nur kommentarlos Kränze niederzulegen. Die Rede für die elf Opfer hielt für die VVN/BdA Stefan Hölzer.

Nach der Teilnahme an der Demo am Salzbergwerk Asse II am Samstag mittag, bei der wir durch unsere Intervention verhinderten, dass die ÖDP bei der Podiumsdiskussion dort öffentlich auftreten konnte, folgten wir der Einladung des Motoradclubs Kuhle Wampe nach Hannover zu Diskussionen und gemeinsamen Grillen im Garten. Der Besuch endete am Sonntag mit vielen spannenden Gesprächen, Montag früh fuhren unsere Freunde dann wieder zurück.


Hannover als Panzer-Patin

Protest gegen Militarismus der Hauptstadt

Die Landeshauptstadt Hannover nennt sich "Patin" der 1. Panzerdivision, einer Einheit, die "an vorderster Front" an den weltweiten Einsätzen der Bundeswehr beteiligt ist. Jedes Jahr bedankt sich die Führung der Division bei den örtlichen Honoratioren mit einem "Sommerbiwak" im Stadtpark bei der Kongresshalle für diese Fürsorge.

Jedes Jahr bildet sich auch ein Bündnis der Friedenskräfte in Hannover, um gegen dieses militaristische Spektakel zu protestieren und zu demonstrieren, dass die Häupter der Stadt gegenüber der Bundeswehr durchaus nicht alle Bürgerinnen und Bürger vertreten. Dabei geht es phantasievoll aber auch lautstark zu. Trotz aller polizeilichen Bemühungen gelang bisher nicht, den Veranstaltungsort gänzlich davor abzuschirmen, sehr zum Verdruss der Organisatoren der Festlichkeit.

In diesem Jahr war geplant, Demonstrationszüge zum und Kundgebungen am Stadtpark mit einem "Friedensbiwak", einer kulturellpolitischen Veranstaltung im Saal eines städtischen Freizeitheimes zu verbinden. Nun gefiel es der Stadtverwaltung, die zugesagte Nutzung des Saals zu widerrufen, falls der Zusammenhang mit den Demonstrationen nicht aufgegeben werde. Der "Antimilitaristischer Aktionskreis Hannover" als Veranstalter protestierte gegen die Zensurmaßnahme und stellte in einer Presseerklärung fest: "Es ist nicht das erste Mal, dass die Stadt versucht, friedenspolitisches und antimilitaristisches Engagement zu behindern. In einer Nacht- und Nebelaktion ließ sie erst jüngst die 'Friedenssteine' des Künstlers Wilfried Behre am Opernplatz entfernen. Die Stadt Hannover macht ihrem Namen als Patenstadt der 1. Panzerdivision alle Ehre." Er kündigte an, gegen diese Maßnahme sowie gegen weitgehende Auflagen der Polizei für die Demonstrationen und die Kundgebung auch rechtlich vorzugehen. Zum Redaktionsschluss war der Ausgang der Auseinandersetzung offen. Das Kulturzentrum "Pavillon" am Raschplatz hat alternativ seine Räumlichkeiten jedoch für das Friedensbiwak zur Verfügung gestellt.

Eine andere demonstrative Aktion gegen die Militarisierung des öffentlichen Lebens in Hannover hatte jüngst ein erfreuliches Echo: Seit sieben Jahren belegt die Bundeswehr die ehrwürdige Marktkirche zum ersten Advent mit einem "Wohltätigkeitskonzert" ihres Heeresmusikkorps. Im letzten Jahr entrollten "Autonome" ein Transarent mit der Aufschrift "Aufrüstung mit Gottes Segen!" Als sie von der Polizei hinausgetrieben wurden, skandierten sie "Soldaten sind Mörder!". Um solche Unannehmlichkeiten künftig zu vermeiden, verlangte das Musikkorps verschärfte Einlasskontrollen, die seinen Auftritt zu einer geschlossenen Veranstaltung machen würden. Die zuständige Pastorin, Hanna Kreisel-Liebermann, bestand jedoch auf dem "gottesdienstähnlichen Charakter" der Veranstaltung, die grundsätzlich jedem offen stehe.

Die militärischen, zivilen und kirchlichen Würdenträger schicke sich notgedrungen in diese Absage in der Einsicht, es wäre "sicherlich grotesk gewesen, ein Konzert mit einer Hundertschaft Polizisten schützen zu müssen," so der zuständige Militärpfarrer. Der Stadtsuperintendent Puschmann allerdings findet, "es wäre verheerend, wenn der Eindruck entstünde, die Störer hätten ihr Ziel erreicht." Er besteht deshalb auf einer Strafanzeige wegen "Hausfriedensbruch". Eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Proteste scheint ihm fern zu liegen. Für Dirk Wittenberg von der "Roten Aktion Kornstraße" ist es allerdings ein Ansporn, nun auch verstärkt gegen die militärische Propagandaveranstaltung "Sommerbiwak " vorzugehen. Auch die Kreisvereinigung der VVN/BdA wird dabei sein.