Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

Für eine Welt ohne Atomwaffen

UNO-Beschlüsse sollen in Aktionen lebendig werden

Eine Fahne zum Gedenken an den Atombombenabwurf auf Hiroshima am 6. August 1945 wird derzeit zu Fuß oder per Fahrrad durch die ganze Bundesrepublik getragen - von Sylt bis zur Zugspitze.

Sie soll letztlich von einer Jugendlichen am 6. August 2010 im Rahmen der für diesen Tag geplanten großen Gedenkveranstaltung in Hiroshima an japanische Jugendliche überreicht werden - als Zeichen, dass wir in Deutschland an der Seite derer stehen, die dafür kämpfen, dass sich das Verbrechen des 6. August 1945 niemals wiederholt.

Anfang Dezember wanderte die Fahne durch Niedersachsen. Um dem Zusammenhang von Faschismus und Krieg Ausdruck zu geben, wurde eine besondere Strecke gewählt: Ausgangspunkt war die Rampe in Bergen-Belsen, jener Ort, an dem die Häftlinge des KZ Bergen-Belsen von SS-Schergen aus den Waggons geholt und mit Brutalität die 6 km bis zum KZ getrieben wurden.

In einer kleinen Kundgebung verlas Mechtild Hartung, Sprecherin VVN/BdA Niedersachsen, die Erklärung der FIR zum Beschluss des UNO-Sicherheitsrates vom Oktober 2009. Darin begrüßt die FIR ausdrücklich den Beschluss, der vollständige nukleare Abrüstung sowie das Beitreten aller Staaten (wie z. B. Israel, Indien, Pakistan) zum Atomwaffensperrvertrag fordert. "Ziel muss es sein, Atomwaffen grundsätzlich zu ächten und eine weltweite Abrüstung durchzusetzen ...".

Die sechs Kilometer von der Rampe bis zum damaligen KZ gingen wir in Erinnerung an die Leiden der Häftlinge. Am Dokumentationszentrum der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten wurden wir von einem Mitarbeiter der Stiftung empfangen. Er begrüßte die Aktion in unserem Sinne und wünschte ihr Erfolg.

Weltweit werden von tausenden Friedensbewegten entsprechende Aktionen durchgeführt mit dem Ziel, dem Traum von einer Welt ohne Nuklearwaffen näher zu kommen. Dafür werden Millionen Unterschriften unter den "Appell für eine von Kernwaffen befreite Welt" gesammelt. Diese Unterschriften sollen am 2. Mai den Staatsmännern und -frauen bei der UNO in New York überreicht werden, die über eine Aktualisierung des Atomwaffensperrvertrages verhandeln.

Von der deutschen Regierung fordern wir, dass die rund 20 Atombomben, die derzeit einsatzbereit in Büchel in Rheinland-Pfalz lagern, sofort abgezogen werden.

Mechthild Hartung


"Mahnmal" ehrt Täter und Opfer

VVN/BdA: Skandlöser Beschluss des Ortsrats von Großburgwedel

Wie wichtig unser Kampf Seite an Seite mit Gleichgesinnten ist, zeigt der Umgang mit Geschichte in Großburgwedel. Die VVN-BdA Niedersachsen wandte sich in einem Brief an Verantwortliche und Betroffene, um den Versuch der gleichzeitigen Ehrung von Tätern und Opfern mittels des Mahnmals in Großburgwedel zu verhindern.

Angeschrieben wurden die Jüdischen Gemeinden Niedersachsen und Romani Rose von den Roma und Sinti einerseits und der Ortsbürgermeister von Großburgwedel sowie der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge andererseits.

Am 15. November 2009 fand die Einweihung eines vom Ortsrat beschlossenen, im Diskussionsprozess vom Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge begleiteten "Mahnmals" statt. Dort sollte gleichzeitig der Opfer des faschistischen Rassenwahns und der Angehörigen der deutschen Wehrmacht gedacht werden, die Einwohner des Ortsteils waren. Schon alleine diese Zusammenstellung verwischt die geschichtlichen Tatsachen: Der rassistische Völkermord wäre ohne den faschistischen Raub- und Vernichtungskrieg nicht möglich gewesen. Welche Wehrmachtseinheiten daran direkt beteiligt waren, welche Soldaten gezwungenermaßen und welche getrieben vom kollektiven Wahnsinn daran teilgenommen haben, ist heute kaum rekonstruierbar. Der Versuch allerdings, neben den 142 Wehrmachtsoldaten fünf SS-Angehörige namentlich zu erwähnen, zeugt von der gänzlichen historischen Ignoranz der Initiatoren. Vollends zum Skandal gerät der Vorgang, weil drei später in Auschwitz ermordete Sinti-Kinder, die zuvor in Großburgwedel zwangsweise untergebracht waren, aus formalen Gründen auf dem Mahnmal nicht genannt werden.

Konsequenterweise haben die jüdischen Gemeinden, deren Opfer zunächst für ein Gedenken mit dem Mahnmal vorgesehen waren, bei der vom Ortsrat beschlossenen Konstellation der "Burgwedeler Kriegstoten" darum gebeten, "in dieser Gesellschaft" keine jüdischen Namen zu nennen.

Die Gemeinde Großburgwedel muss Wehrmacht und SS aus dem Gedenken heraus nehmen, statt dessen die Sinti-Kinder und Euthanasie-Opfer nennen und der Jüdinnen und Juden weiterhin gedenken. Das fordert die VVN/BdA Niedersachsen e. V. und sie will eine öffentliche Entschuldigung bei den jüdischen Gemeinden und einen neuen Ortsratsbeschluss.

Nach Unkenntlichmachung der Täter soll an der Stelle darauf hin gewiesen werden, dass erst durch öffentlichen Protest erwirkt wurde, nicht Täter und Opfer gleichzeitig zu ehren.

Mechthild Hartung


Region Hannover:

Netzwerk hält Erinnerung wach

Unter der Trägerschaft der Region und der Landeshauptstadt Hannover haben sich in drei Jahren 30 Institutionen, Organisationen und Einzelpersonen zum Netzwerk "Erinnerung und Zukunft" zusammengeschlossen. Ziel ist "die Förderung der Erinnerungsarbeit in der Region Hannover".

Das Netzwerk soll laut Präambel dazu beitragen, "dass sich in der Region Hannover dauerhaft mit den NS-Verbrechen als Menschheitsverbrechen auseinandergesetzt wird, dass Erfahrungen, Erlebnisse, Deutungen und Forschungsergebnisse an spätere Generationen weitergegeben werden und ihre Bedeutung auf die aktuelle Gegenwart bezogen wird, um sie lebendig zu erhalten".

Von Beginn an ist auch die Kreisvereinigung Hannover der VVN/BdA im Netzwerk vertreten. Zu seinen zentralen Aktivitäten gehört die Herausgabe eines Wegweisers "Orte der Erinnerung", ein "Wegweiser zu Stätten der Verfolgung und des Widerstands während der NS-Herrschaft in der Region Hannover". Eine Fachtagung zu Schulfragen wurde durchgeführt und eine ständige Arbeitsgruppe eingerichtet. Kontinuierliche Arbeitsbeziehungen bestehen zum Historischen Seminar der Universität und zur Fachhochschule Hannover. Einen breiten Raum nehmen dabei die Planungen für eine Neugestaltung der Gedenkstätte Ahlem ein. Eine aktuelle Internetpräsenz wurde in Zusammenarbeit mit der Berufsbildenden Schule für Multimedia erarbeitet

Am 11. Dezember 2009 traf sich das Netzwerk, um seine Arbeit zu bilanzieren. Dabei ging es nicht nur um einen beliebigen Arbeitsabschnitt, denn die Koordinatorin Barbara Weber - bisher unermüdlich treibende und Kraft nach innen und außen - hatte beschlossen, ihre Funktion abzugeben und ihre Arbeitsschwerpunkte zu verlagern.

In einem differenziert gehaltenen Referat entwickelte sie die verschiedenen Problem- und Spannungsfelder, die sich u. a. aus den unterschiedlichen Themenstellungen und Erwartungshaltungen der Mitglieder, politischen Widerständen und knappen Ressourcen der öffentlichen Hände ergeben.

In zwei Arbeitsgruppen wurden dann die Fragen der Verbesserung der inneren Kommunikation und der Formulierung und Planung von gemeinsamen Zielen und Projekten des Netzwerkes in Angriff genommen.

Bevor die Versammlung sich der Diskussion der Ergebnisse der Arbeitsgruppe zuwandte, ergriff Dieter Wuttig vom Fachbereich Bildung und Qualifizierung der Landeshauptstadt das Wort, um die Arbeit von Barbara Weber ausführlich und mit herzlichen Worten zu würdigen. Ihm schloss sich Hans-J. Hermel vom Förderverein Gedenkstätte Ahlem e. V. an. Danach wurde Julia Berlit als neue Koordinatorin vorgestellt.

Reinhold Weismann-Kieser

www.erinnernundzukunft.de


Stadtarchiv Peine:

Sonderblatt über 38 Stolpersteine

Bei drei Verlegeaktionen durch den Kölner Künstler Gunter Demnig wurden bisher 38 Stolpersteine in Peine gesetzt. Aus diesem Grund hat das Stadtarchiv Peine ein Sonderblatt herausgegeben, in dem alle 16 Verlegeorte verzeichnet sind.

Bei einer antifaschistisch-jüdischen Stadtführung wurde das Sonderblatt der Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben. Dabei baten die Initiatoren um weitere Spenden, um weitere Stolpersteine auch für Zwangsarbeiter zu setzen. Aber auch die Übernahme von Patenschaften zur Pflege der Stolpersteine ist erwünscht.

In Peine wurde das Vorhaben maßgeblich durch die Aktivitäten des Peiner Bündnisses für Zivilcourage und Toleranz initiiert, das größtenteils von der VVN/BdA und Peiner Gewerkschaftern getragen wird.

Peter Baumeister


KdF-Museum: Gefahr gebannt?

Riegers Mietvertrag nicht mehr gültig

Die Nachricht hatte im Sommer 2009 für helle Aufregung gesorgt: NPD-Vize Jürgen Rieger wollte in Wolfsburg eine zentral gelegene Immobilie, direkt gegenüber dem VW-Werk, kaufen und darin ein "KdF-Museum" einrichten.

Ein "Schulterschluss Wolfsburger Demokraten", dem neben der örtlichen IG Metall die Kirchen, Parteien, verschiedenen Initiativen und auch die VVN/BdA angehören, mobilisierte dagegen die Öffentlichkeit.

Eine große Demonstration im September und regelmäßige Mahnwachen am Samstag in der Wolfsburger Innenstadt brachten den breiten Protest gegen das Neonazi-Zentrum zum Ausdruck. Dennoch vermietete die Besitzerin die Immobilie an Rieger. Die örtliche und überörtliche Naziszene hielt dort seitdem mehrere Treffen ab, bisweilen unter Riegers Anwesenheit.

Der plötzliche Tod des Nazi-Anwaltes hat diese Pläne nun anscheinend beendet. "Die Familie Alsdorff hat über ihren Makler verkünden lassen, dass sie die Immobilie nicht mehr an Neo-Nazis vermieten oder verkaufen wolle. Das ist eine gute Nachricht. Auch wenn eine gewisse Skepsis bleibt, so dürfen wir das erst einmal als unseren Erfolg verbuchen", so schätzt Frank Patta, Bevollmächtigter der IG Metall, die Entwicklung ein. Mit einer letzten Mahnwache und einer von fast 5000 Wolfsburger Bürgerinnen und Bürgern in beiden Wolfsburger Tageszeitungen am 12. Dezember geschalteten großen Anzeige "Wir sind Wolfsburg. Bunt statt braun" setzten die Wolfsburger noch einmal ein deutliches Zeichen. "Wir lassen unsere Aktivitäten ruhen, weil die aktuelle Herausforderung beendet ist. Das bedeutet aber auch: Wir sind sofort wieder da, wenn es nötig sein wird", so Frank Patta von der IG Metall.

Alfred Hartung

Die Wolfsburger VVN/BdA nutzte die zahlreichen Aktivitäten, um mehr als 50 Stellungnahmen für die nonpd-Kampagne zu sammeln. Diese können unter www.npd-verbot-jetzt.de gelesen werden. Weitere Eintragungen sind dort noch bis zum 8. Mai erwünscht.