Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

Nachruf auf Hannelore Klement

Immer solidarisch

Am 19. April 2015 ist Hannelore Klement, langjährige Vorsitzende der VVN-BdA Celle, verstorben.

Sie wurde am 21. Juli 1930 in Preußisch Eylau (Ostpreußen) geboren und wuchs in Wandlitz bei Berlin auf. Nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester in Berlin kam sie über verschiedene Wege nach Winsen/Aller, wo sie 1970 Leiterin des Kreis-Alten- und Pflegeheims wurde. Diese Tätigkeit übte sie bis zu ihrer Berentung aus.

Im Jahre 1976 gründete sie den Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt in Winsen. Jugendfreizeit und die Betreuung kurdischer Familien waren ihr dabei eine Herzensangelegenheit.

In den 1980er-Jahren, als in der Gedenkstätte Bergen-Belsen noch kein Besucherdienst existierte, engagierte sich Hannelore mit anderen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern an ungezählten Wochenenden bei Führungen und Bücherständen in der Gedenkstätte.

Weil ihr Vater Verfolgter des Faschismus war, wurde sie 1983 Mitglied der VVN-BdA. Nichts von all den Verbrechen, die im Faschismus geschehen sind, kann rückgängig gemacht werden, aber daran zu erinnern, zu mahnen, die Stimme zu erheben und aktiv zu werden, wenn Unrecht geschieht, Solidarität zu zeigen, wenn Aus- länder oder Flüchtlinge bedrängt werden oder in Not geraten, das war für Hannelore selbstverständlich.

Sie scheute sich nicht, Verantwortung zu übernehmen. Seit 1983 war sie immer im Vorstand der Kreisvereinigung Celle aktiv. Nach der Kassierung übernahm sie später auch den Vorsitz. Viele Jahre war sie außerdem im Landesvorstand und als Kassiererin unserer Landesorganisation tätig.

Solange es ihre Gesundheit zuließ, wirkte sie im Namen der VVN-BdA zudem in mehreren Initiativen, wie z.B. dem Flüchtlingsrat Niedersachsen und dem Arbeitskreis Ausländer, mit.

Wir sagen Danke für das Engagement über all die Jahre. Wir werden Dich in unseren Herzen bewahren und Dich sehr vermissen.

K.M./H.S.


Ein »Fest der Kulturen«

Schon zum dritten Mal fand in Peine Anfang Juni das »Fest der Kulturen« statt, das ca. 30 Organisationen, Verbände und Parteien gestalteten. Vor drei Jahren wurden Plätze blockiert, um Neonazi-Demonstrationen zu verhindern. Die guten Erfahrungen bei der Zusammenarbeit veranlassten das »Peiner Bündnis für Toleranz«, daraus einen jährlichen Treffpunkt gegen den braunen Mob zu machen.

Landrat Franz Einhaus, der die Schirmherrschaft übernommen hatte, fand deutliche Worte: »Fremdenfeindlichkeit hat bei einem solchen Fest keine Chance mehr. Menschen, die zu uns kommen, müssen eine gute Zukunft haben. Wir müssen dafür die Infrastruktur aufbauen. Wir brauchen die Menschen aus anderen Ländern.«

In seinem Grußwort rief Superintendent Dr. Volker Menke ebenfalls dazu auf, Vielfalt zu leben und sie gegen jene zu verteidigen, die bunt in ein dumpfes Braun umwandeln wollen. »Widerspruch und Widerstand tun einfach Not, und ich tue das im Namen eines bunten Gottes«, sagte er.

Auf der Bühne fand ein vielseitiges Kulturprogramm statt. Viele hundert Menschen nutzten die Angebote an den Ständen, um sich zu informieren, zu plaudern oder einfach leckere Spezialitäten zu genießen.

Peter Baumeister


Auseinandersetzung mit Wehrmachtsverbrechen und »Traditionspfl ege« in Lüneburg

Denkmal für Kriegsverbrecher?

Die VVN Lüneburg veranstaltete am 10. Mai eine Matinee zur Auseinandersetzung mit dem »Ehrenmal« der 110. Infanteriedivision in Lüneburg. Sie zeigte den Film »Ozarichi 1944 – Spuren eines Kriegsverbrechens«. Im März 1944 verübten deutsche Soldaten in Weißrussland eines der schwersten Verbrechen der Wehr- macht gegen Zivilisten überhaupt, urteilt der Historiker Dieter Pohl. Nahe der Ortschaft Ozarichi deportierten Einheiten der 9. Armee fast 50.000 Menschen aus umliegenden Ortschaften in Todeslager. Bevor die Opfer von der Roten Armee befreit werden konnten, kamen innerhalb von knapp zwei Wochen ca. 10.000 Kinder, Mütter, Alte und Kranke ums Leben. In den Augen der Wehrmacht handelte es sich lediglich um »nutzlose Esser«.

Bei dieser grausamen Tötungsaktion beteiligten sich auch Soldaten der 110. Infanteriedivision, die u.a. im Raum Lüneburg aufgestellt worden war. Wie die anderen Verbände der 9. Armee haben sie sich in der Bundesrepublik dieser historischen Schuld nie gestellt. Stattdessen gründeten die ehemaligen »110er« in den 1950er-Jahren einen Traditionsverband, der die »ruhmreiche« Geschichte ihrer Division propagierte. Diese Veteranen errichteten 1960 am Springintgut (Höhe Graalwall) ein »Ehrenmal« für ihre gefallenen Kameraden und übergaben es feierlich »in die Obhut der Stadt Lüneburg«. Der damalige Oberstadtdirektor Bötcher versprach: »... dass die Heidestadt das Ehrenmal so pflegen werde, damit dieser Platz zu einer würdigen Stätte des Gedenkens wird...« (Lüneburger Zeitung, 11.10.60). An dieses Versprechen hält sich die Stadt bis heute.

Uneingeschränkte Unterstützung für ihre Traditionspflege und Geschichtsauffassung erfuhren die ehemaligen Divisionsangehörigen aber nicht nur von Lüneburger Ratsherren, Oberstadtdirektoren und Oberbürgermeistern. Bis in die 1990er-Jahre nahmen ebenfalls Vertreter der Kirchen, der Bundeswehr und anderer Lüneburger Verbände an den regelmäßigen Versammlungen des Traditionsverbandes in Lüneburg teil. Dabei wird die Beteiligung der 110. Infanteriedivision am Massenmord bei Ozarichi in Lüneburg bis heute beharrlich totgeschwiegen.

Der Dokumentarfilm »Ozarichi 1944 – Spuren eines Kriegsverbrechens« schildert die Planung und Durchführung dieses Verbrechen der deutschen Wehrmacht. Der Film vermittelt ein detailreiches Bild dieses bei uns immer noch weitgehend unbekannten Massenverbrechens. Der Film gibt erschütternde Einblicke in das Leid der Opfer und das Handeln der Täter und wirft die Frage auf, wie die Erinnerung an diese Verbrechen bewahrt werden kann.

Peter Asmussen


70. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen

Frieden ist »ein verpflichtendes Geschenk«

Gemeinsam mit dem DGB führte die VVN-BdA auch in diesem Jahr wieder die traditionell sehr würdige Gedenkfeier auf dem sowjetischen Kriegsgefangenen-Friedhof in Bergen-Hörsten durch.

Anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung durch Einheiten der britischen Armee standen die Feierlichkeiten in der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen diesmal im Blickpunkt der Öffentlichkeit, da sich neben dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Stephan Weil, auch Bundespräsident Gauck angesagt hatte. Die massiv eingesetzten Sicherheitskräfte bedrängten auf und vor der Gedenkstätte die Mitglieder unserer Organisation beim Verteilen der Faltblätter (Hinweis auf die Veranstaltung in Hörsten) und beim Niederlegen eines Gesteckes am jüdischen Mahnmal und versuchten, die Bewegungsfreiheit einiger VVN-Fahnenträger einzuschränken. Ob man wohl auch eingeladene Überlebende, wenn sie denn eine Fahne getragen hätten, so bedrängt hätte? Zu unserer Freude sahen wir, dass einige der eingeladenen Überlebenden Halstücher trugen, die unseren sehr ähnlich sind. Es waren ehemalige polnische Häftlinge. In den Redebeiträgen der Überlebenden kam immer wieder die Forderung zum Ausdruck: Erinnern und nicht vergessen! Und: Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!

Bei der auf dem sowjetischen Kriegsgefangenen-Friedhof durchgeführten Gedenkfeier stand neben der Erinnerung an die unbeschreiblichen Leiden der über 20.000 sowjetischen Kriegsgefangenen der Dank an die Rote Armee, die mit Abstand die größte Last des Krieges zur Befreiung Europas zu tragen hatte, im Vordergrund.

Der Geschäftsführer von KONTAKTE-KOHTAKTbl e.V., Eberhard Radczuweit, erklärte, es sei eine Schande, dass die BRD noch immer die Entschädigung der etwa 4.500 noch lebenden sowjetischen Kriegsgefangenen verweigert. Der Jugendsekretär der IG Metall Ralf Müller betonte seine Dankbarkeit für die lange Friedensepoche, in der wir leben. Dies sei aber auch ein verpflichtendes Geschenk der Alliierten Streitkräfte, zu denen auch die Rote Armee gehörte. Jugendliche des Internationalen Jugendcamps gaben einen Einblick in ihre geleistete Der Geschäftsführer von KON- TAKTE-KOHTAKTbl e.V., Eberhard Radczuweit, erklärte, es sei eine Schande, dass die BRD noch immer die Entschädigung der etwa 4.500 noch lebenden sowjetischen Kriegsgefangenen verweigert. Der Jugendsekretär der IG Metall Ralf Müller betonte seine Dankbarkeit für die lange Friedensepoche, in der wir leben. Dies sei aber auch ein verpflichtendes Geschenk der Alliierten Streitkräfte, zu denen auch die Rote Armee gehörte. Jugendliche des Internationalen Jugendcamps gaben einen Einblick in ihre geleistete Arbeit: Aufsuchen verschiedener Erinnerungsorte in der Umgebung, Interviews und Diskussionen mit Zeitzeugen, Verfassen von eigenen Gedichten.

Der Vertreter der Botschaft von Belarus zeigte sich in seinem Redebeitrag sehr erfreut über das Interesse an der Gedenkfeier. Er betonte, dass trotz der schlimmen Kriegsverbrechen und der hohen Zahl der Opfer, die sein Land während des Krieges zu beklagen hatte, die traditionell guten Beziehungen zwischen den Völkern weiter gepflegt und ausgebaut werden müssten. Für die Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit wäre es an der Zeit, auch die Schaffung eines würdigen Ortes für die Opfer der NS-Lebensraumpolitik in Osteuropa in der Bundeshauptstadt Berlin zu verwirklichen. Die Toten mahnen, aus der Tragödie des Krieges zu lernen und diese Lehren wirklich zu beherzigen.

Der russische Kinder- und Jugendchor aus Hannover unter der Leitung von Anna Tereschenko umrahmte die Redebeiträge in sehr einfühlsamer Weise.

Den Abschluss bildete das von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern gemeinsam gesungene Lied der Moorsoldaten.

H. St.


Großer Zuspruch beim »Tag der Befreiung« in Peine

Chance für den Neubeginn genutzt

Sehr großen Zuspruch fand der »Tag der Befreiung« im Peiner Herzberg, über 80 Personen waren der Einladung von VVN-BdA und DGB Peine gefolgt.

Als Hauptredner schlug der Peiner SPD-Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil einen Bogen von den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges zu heute. Heil nannte die Verbrechen der Wehrmacht beim Namen und stellte den örtlichen Bezug zu Nazieinrichtungen in Peine dar. Er forderte die Anwesenden auf, sich für den Frieden einzusetzen, dies nicht den Berufspolitikerinnen und -politikern zu überlassen. Er erinnerte an die Brände von Asylbewerberheimen in Lübeck und Rostock-Lichtenhagen und stellte klar, dass die Würde des Menschen, wie im Grundgesetz ausgeführt, für alle gelte, nicht nur für Deutsche.

Der Vizekonsul des Generalkonsulats der Russischen Föderation in Hamburg, Andrey Kudryavtsev, sprach von »einem bewegenden Moment«, denn auch Sowjetbürger haben in Peine ihre letzte Ruhestätte gefunden. Er dankte den Initiatoren der Veranstaltung und betonte, dass ein solches Gedenken sehr wichtig sei, damit für immer ein Rückfall in die düstere Vergangenheit des Naziterrors verhindert wird.

In ihrem Grußwort betonte die stellvertretende Landrätin Eva Schlaugat, dass nach dem 8. Mai 1945 die Chance für einen Neubeginn genutzt wurde. Aber Rassismus und Kriegstreiberei seien nicht untergegangen. Schlaugat stellte klar: »Als Landkreis Peine halten wir Asylbewerbern die Hand hin. Wer Andersdenkende diffamiert, handelt inhuman und intolerant.« Sie dankte den Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die sich für diese Personengruppen einsetzen.

Der Kreisvorsitzende der Peiner VVN-BdA forderte in seinem Beitrag die Bundesregierung auf, die letzten ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen zu entschädigen. Er würdigte das Peiner »Bündnis für Toleranz«, das z. B. jährlich ein »Fest der Kulturen« durchführt.

Musikalisch umrahmt wurde die sehr gelungene Veranstaltung, an deren Ende die Parteien und viele Organisationen Kränze niederlegten, von Gewerkschaftsfunktionär Horst Redemann, der zum Schluss das »Lied der Moorsoldaten« anstimmte.

Peter Baumeister