Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

Protest gegen Landesparteitag der AfD Niedersachsen in Walsrode organisiert

In der Mitte der Gesellschaft

Ist die AfD in der Mitte der Gesellschaft angekommen? Die AfD hat ihre Position nicht verändert, aber in Walsrode (Heidekreis) ist die Mitte der Gesellschaft offensichtlich bei der AfD angekommen. Am 5. August fand in der Stadthalle Walsrode der Landesparteitag der AfD statt.

Obwohl noch vor der Kommunalwahl im letzten Jahr alle Parteien einen vom DGB Heidekreis initiierten Protestaufruf gegen die AfD unterstützt hatten, haben jetzt die im Stadtrat vertretenen Parteien (CDU, SPD, Grüne, FDP, Bürgerliste, AfD) beschlossen, sich nicht am Protest gegen die AfD zu beteiligen. So wurden dann sogar zusätzlich zu der von einem privaten Pächter betriebenen Stadthalle der AfD auch noch die umliegenden städtischen Parkanlagen, Grün- und Verkehrsflächen zur Verfügung gestellt, wodurch eine Protestveranstaltung in der Nähe des Tagungsortes unmöglich gemacht wurde.

Die Bürgermeisterin Helma Spöring (parteilos) schlug das Angebot, auf unserer Kundgebung zu sprechen, aus, weil sie »neutral« bleiben wolle. Auch der örtliche Bundestagsabgeordnete der SPD, Lars Klingbeil, stand nicht für eine Gastrede zur Verfügung. Bemerkenswert ist die Position der Grünen zur AfD. Der Ortsverband der Nachbarstadt Bad Fallingbostel unterstützte unseren Aufruf, der Kreisverband untersagte dagegen die Verwendung des Logos der Grünen auf dem Aufruf und verlangte sogar die Vernichtung der bereits gedruckten Flugblätter und Plakate.

Trotz der auch von der Walsroder Zeitung getragenen Kampagne gegen die Proteste folgten über 200 Menchen aus Walsrode und Umgebung dem Aufruf des Bündnisses von Antifa-Initiative, Celler Forum, DGB, GEW, Grünen, Jusos, Linke, ver.di und VVN-BdA und demonstrierten gegen die rassistische und arbeitnehmerfeindliche Politik der AfD. Da der Bereich um die Stadthalle weiträumig abgesperrt war, konnte die Abschlusskundgebung zwar gerade noch in Sicht-, aber nicht in Hörweite des Tagungsortes durchgeführt werden. Bündnissprecher Charly Braun (DGB) bezeichnete die AfD als »Partei der vogelfreien Marktwirtschaft und des Rassismus« und sagte: »Wenn rassistische Organisationen keinen Widerstand bekommen, breiten sie sich immer mehr aus.« Das griff auch Sven-Christian Kindler, Bundestagsabgeordneter der Grünen, auf, ohne die gespaltene Position der Grünen zu thematisieren. Wie Kindler gingen auch die Walsroderin Susanne Kremer (ver.di-Landesleitung), Maren Kaminski (GEW Hannover), Agnes Hasenjäger (Linke-Landesvorstand) und Birhat Kacar (SPD-Ratsherr Soltau) detailliert auf die AfD-Programmatik ein. In weiteren Redebeiträgen der VVN-BdA, der Antifaschistischen Aktion und des Ezidischen Kulturzentrums wurden die Frauenfeindlichkeit der AfD, die Fremdenfeindlichkeit sowie die Neonazis in der AfD thematisiert.

Zur bunten Protestaktion trugen auch viele Schülerinnen und Schüler mit kreativ gestalteten T-Shirts und Plakaten bei. Viele von ihnen waren erstmals bei einer Demo.

Jörg Meinke


Walsrode: Personelle und wirtschaftliche Beziehungen im rechten und kriminellen Milieu

Die AfD und die Hells Angels

In Walsrode (Heidekreis) waren die Hells Angels bis vor fünf Jahren anerkannter Teil der Stadtgesellschaft. Mit der AfD versuchen sie jetzt, ihren früheren Status zurückzugewinnen.

In Walsrode ist der sogenannte Rockerkönig Wolfgang Heer ansässig, Bordellbetreiber, Inhaber einer Sicherheitsfirma und führendes Mitglied der Hells Angels. Viele Jahre lang pflegte er eine gute Zusammenarbeit mit Verwaltung und Politik, unterstützte z. B. die Gemeinde mit Geldspenden. Zusammen mit Frank Hanebuth, ehemaliger Präsident der Hells Angels Hannover, betrieb er die Firma GAB Security, die u.a. regelmäßig für den örtlichen Fußballverein und das Stadtmarketing beim Stadtfest und anderen Veranstaltungen tätig war. Erst als die überregionale Presse und das Fernsehen die örtlichen Proteste gegen Heer und die Hells Angels aufgegriffen hatte, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Stadt und Heer, der Stadtrat beendete 2012 mit einer Resolution die Zusammenarbeit.

Der Walsroder Kreisvorsitzende der AfD hat in einer Pressemitteilung auf Facebook behauptet: »Eine Zusammenarbeit mit den Hells Angels gibt es nicht.« Das ist nicht besonders glaubhaft, wenn er an anderer Stelle erklärt, eine mögliche Nähe zu den Hells Angels »heißt nicht, dass diese Menschen dann bei uns persona non grata sind«. Schließlich könnte sich die Beziehung zur organisierten Kriminalität auch finanziell lohnen, hat sich Heer doch in der Vergangenheit als großzügiger Spender gezeigt und die AfD bereits im Kommunalwahlkampf unterstützt.

Jörg Meinke


Zur Kommunistenverfolgung durch NS-Juristen am Landgericht Lüneburg

Neue Broschüre der VVN Lüneburg erschienen

Die Aktivitäten der Lüneburger VVN-BdA-Kreisvereinigung zur Herausgabe von Broschüren zur örtlichen Justiz im Nationalsozialismus sind bewundernswert.

Dabei wird herausgestrichen, wie diese willfährigen Beamten ihre Karrieren nach 1945 oftmals fortsetzen konnten. Die aktuelle Schrift »Das Landgericht Lüneburg als ›Spitze der justizförmigen Kommunisten-Verfolgung‹ der 1950er/1960er Jahre. Teil IIa: Verfahren – Prozesse – Angeklagte« knüpft an das Heft aus dem Jahre 2016 an.

Das NS-Personal der Staatsschutzkammer des Landgerichts ging bei der Kommunistenverfolgung in den frühen Jahren der Bundesrepublik besonders rigoros vor. Rechtsanwalt Diether Posser, 1968 bis 1988 Minister in Nordrhein-Westfalen, stellte 1965 fest, »dass die Staatsschutzkammer in Lüneburg in einer Weise die geltenden Staatsschutzgesetze auslegt, die im übrigen Bundesgebiet nicht geteilt wird«. Ehemalige Mitarbeiter der KPD wurden für ihre Aktivität vor dem Verbot der Partei verurteilt. Gefängnisstrafen gab es für Tätigkeiten in Vereinigungen, die die Verwaltungsbehörden niemals verboten hatten. Auch wurden »durch Jahre hindurch Nebenstrafen von besonderem Gewicht gegen politische Täter verhängt, zum Beispiel die Aberkennung des aktiven und passiven Wahlrechtes, die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter, sogar die Stellung unter Polizeiaufsicht gegenüber Erstbestraften«. (Posser)

In Lüneburg war eine derartige Justiz möglich, weil sich hier ein großer Teil ehemaliger NS-Juristen konzentrierte und auf Menschen traf, die schon damals und jetzt wieder als Staatsfeinde galten. Staatsanwalt Karl-Heinz Ottersbach, 1941-42 Mitarbeiter am Sondergericht Kattowitz, hielt dem Angeklagten Paul Butscheck vor: »Aus Ihren Zuchthausstrafen ... haben Sie offenbar nichts gelernt.« Ebenso Staatsanwalt Dietrich von Lücken: »Straferschwerend kommt hinzu, dass der Angeklagte bereits wegen solcher Tätigkeiten hart bestraft worden ist. Das hat aber nichts genützt. Ich beantrage daher gegen ihn eine Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten.« Die Zuchthausstrafen, auf die sich Ottersbach und von Lücken bezogen, datierten aus den Jahren 1933 und 1940. Damals war Paul Butscheck, der zum Widerstand gehörte, wegen »Wehrkraftzersetzung« angeklagt.

Mit Blick auf diese skandalöse Justiz konstatierte Ossip Flechtheim sarkastisch: »Die Angeklagten ... hätten allerdings besser daran getan, im Dritten Reich Juden umzubringen, als nach 1945 in einer demokratischen und kommunistischen Organisation tätig zu sein – jedenfalls hätte die Justiz mehr Verständnis für sie.«

Die sehr informative Broschüre ist zum Preis von 5 Euro (inkl. Porto) unter vvn-bda-lg@web.de zu beziehen.

Peter Asmussen


Erfolg im Kampf gegen jährlichen Naziaufmarsch

Bad Nenndorf 2017

Zum zweiten Mal konnte die Bürgerinitiative »Bad Nenndorf ist bunt« zusammen mit ihren auswärtigen Unterstützerinnen und Unterstützern den ersten Sonnabend im August ohne Naziaufmarsch und martialisches Polizeiaufgebot feiern! Trotz des grauen Himmels und eines penetranten Nieselregens war die Stimmung deshalb gehoben.

In zahlreichen Reden wurde der beharrliche und vielseitige Widerstand gewürdigt, der über die Jahre zu diesem Ergebnis geführt hatte. Einig war man sich aber auch, dass das Ausbleiben der Nazis nicht deren Verschwinden bedeutet. Die Notwendigkeit zur Wachsamkeit und überregionalen Vernetzung der Initiativen wurde betont.

Die bewährte Gruppe »Kopf und Hut« mit unserem Kameraden Hartmut hielt die Feier musikalisch in Schwung. In einem für diesen Tag geschriebenen Song fasste sie die Geschichte des Widerstands gegen die braune Pest zusammen und erinnerte daran, dass nur das Zusammenwirken der Initiativen der Bad Nenndorfer Bürgerinnen und Bürger mit den entschlossenen Blockadeaktionen der »Antifa« den Erfolg gebracht hatte! Nur die Bürgermeisterin Frau Marlies Matthias schien diese Lektion nicht gelernt zu haben und beklagte, dass »der Rechtsextremismus immer auch den Linksextremismus« anziehe, wo man doch gegen jede Art von Extremismus sei!

Dass die Nazis, auch wenn sie sich dort nicht mehr sehen lassen wollten, immer noch präsent sind, demonstrierten sie zuvor durch eine feige nächtliche Aktion, bei der sie große Hakenkreuze am Winklerbad, dem Ziel ihrer früheren »Trauermärsche«, hinterließen. Irmela Mensah-Schramm – eigens aus Berlin angereist – überdeckte das Schandmal am Winklerbad während der Kundgebung mit ihrer bewährten großen weißen Sprayflasche.

Reinhold Weismann-Kieser


Fundamente des KZ Laagberg in Wolfsburg:

Verlagerung zugestimmt

In einer Sondersitzung am 21. August hat der Rat der Stadt Wolfsburg der Verlagerung der Fundamentrelikte der Baracke 4 des KZ Laagberg (s. antifa Mai/Juni 2017) auf die Ausweichstelle an der Breslauer Straße zwischen Lidl-Parkplatz und Tankstelle zugestimmt.

Bestandteil des Beschlusses ist neben der Errichtung einer Gedenk- und Bildungsstätte an dieser Stelle, in der die Fundamentreste, museal aufbereitet, gezeigt werden sollen, auch das folgende Versprechen: »Ein Teil der sichergestellten Fundamente soll vor Ort verbleiben und im Rahmen der Baumaßnahme sichtbar gemacht werden« (Zitat Ratsbeschluss).

Vor der Sitzung hatte das Jugendbündnis Wolfsburg noch einmal auf einer kurzfristig anberaumten Kundgebung, an der sich auch die VVN-BdA beteiligte, für den Verbleib der Fundamente am Originalort geworben. Eine »Verlegung des Tatorts aus wirtschaftlichen Gründen ist würdelos«, so die Jugendlichen.

Die VVN-BdA Wolfsburg erwartet nun, dass in Zukunft kontinuierlich interessierten Bürgerinnen und Bürgern sowie den Opferverbänden die Möglichkeit geboten wird, ihre Ideen uind Vorschläge zu Inhalt und Gestaltung der Erinnerungs- und Bildungsstätte einzubringen. Die Beteiligung muss sicherstellen, dass bereits während der Konzeptentwicklung aktiv mitgewirkt werden kann. Weitere Infos unter www.wolfsburg.vvn-bda.de

Alfred Hartung