Mitteilungsblatt der VVN/BdA Niedersachsen

VVN-Delegation im Rathaus empfangen

8. Mai in Dieppe

Auch in diesem Jahr besuchte eine vierköpfige VVN/BdA-Delegation vom 7. bis 11. Mai die Stadt Dieppe in der Normandie, um mit den Kameradinnen und Kameraden von FNDRIP und ANACR, den beiden französischen Verfolgten- und Widerstandsorganisationen, den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg zu feiern. Stefan Hölzer berichtet:

Unser Besuch war diesmal auch gleichzeitig etwas Besonderes, hatte doch die Liste der Vereinigten Linken aus Sozialisten, Kommunisten, Grünen und Zivilgesellschaft "Rassemblés, Dieppe avance" (in etwa "Vereinigt geht Dieppe voran") bei der Kommunalwahl am 9. März im Ersten Wahlgang mit 55 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit gewonnen und stellt nun mit Sébastien Jumel von der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) den Bürgermeister. So überbrachten wir die Glückwünsche der Kameradinnen und Kameraden aus Braunschweig und freuten uns mit den Freundinnen und Freunden in Dieppe.

Im Rathaus wurden wir empfangen von der für Demokratische Beteiligungsprozesse und Vereine zuständigen Beigeordneten im Stadtrat. Mit Béatrice Delandre, gleichzeitig Vorsitzende einer großen antirassistischen Organisation, und weiteren Kamerad/innen führten wir interessante Diskussionen über die nächsten geplanten Projekte.

Anlässlich des 75. Jahrestags des Gedenkens an die in Rieseberg bei Helmstedt am 4. Juli 1933 ermordeten 11 Gewerkschafter erwarten wir den Gegenbesuch unserer Kameradinnen und Kameraden aus Dieppe vom 3. Juli abends bis zum 7. Juli morgens, das Programm ist in Vorbereitung.


Erneuerung eines Mahnmals

Eindrucksvolle Gedenkstunde am Maschsee

Am Maschsee-Nordufer wurden am 2. Mai 1945 386 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, vorwiegend Bürger der UdSSR, unter Aufsicht der Alliierten beigesetzt. Sie waren Opfer einer Mordaktion der Faschisten, bei der auf dem Seelhorster Friedhof kurz vor der Befreiung insgesamt mindestens 526 Menschen erschossen wurden. Das Mahnmal, das hinter dem Gräberfeld nach dem Entwurf eines sowjetischen Künstlers errichtet wurde, war in Hannover lange Zeit als "Russendenkmal" verhasst.

Das Mahnmal wurde mehrmals geschändet. Es wurde danach immer wieder rekonstruiert, allerdings ohne den Sowjetstern, der ursprünglich seine Spitze bildete. Seit 1952 gelten die Gräber als Kriegsgräber und stehen seit 1964 unter dauerhaftem gesetzlichen Schutz. Später übernahm die IG Metall die Patenschaft für die Anlage. Zum 8. Mai, dem Tag der Befreiung, finden dort Gedenkstunden statt.

Seit dem Jahr 2000 kommen auf Einladung der Stadt regelmäßig ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und Kriegsveteranen nach Hannover. In diesem Jahr war es eine Delegation aus dem sibirischen Salechard: Die beiden Kriegsveteranen Nikolai Schakurov und Roman Sokolov und Klaudia Sova, die - als Kind verschleppt - ein Zwangsarbeitslager bei Braunschweig überlebt hatte. Mit ihnen waren eine Schülerin und ein Schüler gekommen.

Besondere Bedeutung erhielt die Gedenkfeier in diesem Jahr urch die Einweihung einer Tafel, die von Auszubildenden des VW-Werks erstellt worden war und die in Text und Bild die Geschichte dieses Ortes erklärt.

Unterstützung fand das Projekt durch die Stadt, die IG Metall, die VW Coaching, den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und das deutsch-russischen Kontaktbüro Volga Int. Auch die Geschichts-AG des 10. Jahrgangs der Heinrich-Heine-Schule hatte sich intensiv mit den Ereignissen von 1945 auseinandergesetzt. Dabei wurde das Gräberfeld neu vermessen und zur Feierstunde an jedem Grab eine weiße Rose niedergelegt. Nach Reden von Hannovers Oberbürgemeister Stephan Weil, Prof. Dr. Rolf Wernstedt (Volksbund), Reinhard Schwitzer (IG Metall) und Nikolai Schakurow wurden die Beteiligten im Rathaus empfangen.

Die russische Delegation nahm am Abend noch an der Gedenkstunde am Mahnmal für das ehemalige Gerichtsgefängnis hinter dem Bahnhof teil und legte dort einen Kranz nieder. Danach war sie zu einem angeregten Meinungsaustausch zu Gast beim Kreisvorstand der VVN/BdA.

Die beiden russischen Schüler besuchten am 9. Mai die Heinrich-Heine-Schule und nahmen dort am Unterricht teil. Am 10. Mai wurde das Programm der Delegation mit einem Besuch in Buchenwald fortgesetzt. Kamerad Heinz Koch von der Landesvereinigung Thüringen bot ihr eine eindrucksvolle Führung.


"Es war der Tag der Befreiung"

Der 8. Mai in Peine

Auch in diesem Jahr fand die traditionelle Kranzniederlegung zum Tag der Befreiung am 8. Mai am Ehrenmal der VVN/Bund der Antifaschisten im Peiner Herzberg vor über 70 Teilnehmern statt. Hauptredner war der Arbeitsdirektor der Salzgitter Stahl, Michael Kieckbusch. Er sagte: "Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung - gerade für uns Deutsche."

Der Tag habe uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Der Redner: "Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie die Welt heute aussehen würde, wenn der Zweite Weltkrieg nicht mit einer Niederlage Hitler-Deutschlands geendet hätte." Weiter führte er aus: "Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 - der Machtübernahme der Nationalsozialisten - trennen. Wir müssen ihn als das Ende eines Irrweges deutscher Geschichte erkennen und als Beginn der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Es ist meine feste Überzeugung, dass die Verantwortung für einen Prozess des Ausgleichs, des Friedens, der Freundschaft und der Toleranz bei jedem einzelnen der Gesellschaft liegt, bei jeder Organisation und jeder Gruppe, auch bei jedem Unternehmen. Toleranz und Humanität müssen stets neu erworben und vermittelt werden."

Daraus ergebe sich auch heute für uns alle die Verpflichtung, "dem Antisemitismus, dem Rechtsextremismus und dem Rassismus ebenso entschieden entgegen zu treten, wie den unsäglichen Versuchen, die Geschichte des Dritten Reiches zu relativieren."

Zum Schluss sagte Kieckbusch: "Wir sollten uns eine der wichtigsten Lehren aus unserer Geschichte vor Augen halten: Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun."

Die stellvertretende Landrätin Doris Meyermann (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete den 8. Mai ebenfalls als Tag der Befreiung und somit als guten Tag. Zuvor hatte VVN-Kreisvorsitzender Peter Baumeister darauf hingewiesen, dass der 8. Mai untrennbar mit dem 30. Januar verbunden ist. Kurz danach wurde am 2. Mai vor 75 Jahren auch das Gewerkschaftsbüro in Peine - das Volksheim - von den Nazis besetzt. Ebenfalls fanden in Braunschweig und Hannover Bücherverbrennungen statt.

Musikalisch wurde die Veranstaltung von Heinz und Reiner aus Salzgitter umrahmt, die Lieder vom Widerstand gegen die neonazistische Gefahr vortrugen.